mündlich
Chronik der
DDR-Zeit

1989: Halböffentliche DDR-Kritik

gab es in den letzten DDR-Jahren auch in Krumhermersdorf! Und zwar - wie an vielen anderen Orten auch - zuerst aus den Kirchen: Es sind nicht alle Staatsfeinde, die Probleme öffentlich benennen, solch eine Ansicht muss aus Zeitung und Fernsehen verschwinden! Diese Argumentation brachte der Kirche viel Sympathie unter den Leuten ein. Und viel Dauer-Ärger mit der Partei.

Im zeitigen Sommer '89 war auf einem Kirchgemeindefest in Krumhermersdorf etwas Ungewöhnliches zu sehen: Ein Info-Stand über den geplanten Abriss eines Dorfes im Braunkohlengebiet. Eine Gruppe von Leuten hatte sich in der dortigen Gegend zusammengefunden und öffentlich (!) kritisiert, dass es schade sei um das Dorf, und daß Produktionsziele allein kein Argument für Umweltsünden seien. "Unterstützt uns mit eurer Unterschrift, Heuersdorf zu erhalten!" riefen sie auf.

Freilich trauten sich nur wenige, diesen Aufruf zu unterschreiben. Manche trauten sich nicht mal, ihn zu lesen ... Pfarrer Roscher erklärte einmal ums andere, wo dieses Dorf liegt, wer die Organisatoren dieser Aktion sind, und immer wieder: "Natürlich gehört Mut dazu, den Mund aufzutun und Kritik an der Adresse abzuliefern, wo sie hingehört. Wenn keiner was sagt, wird sich auch nichts ändern - aber so wie jetzt kann es doch auch nicht weitergehen."


Nachsatz 2004
  15 Jahre sind seitdem vergangen. Der von der DDR geplante Abriss des Dorfes ist längst vom Tisch? Von wegen! Gutachten besagen inzwischen, dass die Braunkohlenmenge unter dem Dorf nicht bedeutend sei, dass eine Umfahrung mit dem Bagger möglich sei, ja gar, dass die Stromerzeugung aus dieser Braunkohle wenig effektiv sei. Doch die Lobby der sehr mächtigen Braunkohlengesellschaft hat im sächsischen Parlament durchgesetzt. dass Heuersdorf abgerissen wird.

Sieh an: Was schon ein DDR-Schlager verkündete, scheint sich zu bewahrheiten: "Die Partei, die Partei, die hat immer recht ..."