20.04.1991 Freie Presse
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Hege und Pflege oder: Waldeslust und -leid
Aufwand und Nutzen des Rechtsstreites um ein Stück "ungefegten" Waldes

Es war einmal eine Bauersfrau, die besaß hinter ihrem Bauernhof ein gutes Stück Fichtenwald, an dem sie ihre Freude hatte, denn es ward von ihr gehegt und gepflegt. Eines Tages gefiel es dem damaligen Landesherren, daß dieser Fichtenwald und mancher andere Bauernhof allen gehören solle. Die Bauersfrau mußte trotz vieler ach und weh ihren Wald hergeben. Zum Schluß machte sie gute Miene zu bösem Spiel und schloß sich den anderen an, welchen nun der Wald gehörte. Eines Tages aber merkten alle, daß es gar nicht so einfach war, so viel Wald zu hegen und zu pflegen, damit alle ihre. Freude und Nutzen daran hätten, denn es fehlte ihnen gar manches Gerät dazu. Ganz in der Nähe, nur hinter zwei Bergen und nicht bei den Zwergen waren viele andere damit beschäftigt, Fichten- und anderen Wald so ordentlich zu bewirtschaften, daß sie einen rechten Nutzen daran hatten, denn sie besaßen dazu das gute Gerät, welches den anderen fehlte. Also wurde ihnen der Wald und damit auch das gute Stück Fichtenwald der Bäuerin zur Hege und Pflege anvertraut, auf das es allen zur Freude sei. Nach vielen Jahren, als das mit der Freude für alle gar nicht so recht klappen wollte und statt dessen sich immer mehr Unmut unter allen ausbreitete, weil der Landesherr nur für sich und sein Gefolge Spaß an der Freude hatte, jagten ihn alle zusammen sang- und klanglos mit vielen seiner Gefolgsleuten zum Teufel. Und dann kam eine Wende, denn alles sollte nun sein wie zuvor oder gar noch besser.

Auch die Bauersfrau erhielt ihr gutes Stück Fichtenwald wieder zurück. Aber ach, wie sah dieser nun aus. Unkraut und Gestrüpp, schädigende Mischbestockung sagten die Fachleute dazu, machten sich schier so breit, daß von den jung angepflanzten Fichtenbäumchen fast nichts mehr zu sehen war. »Oh weh« rief die Bauersfrau, »so darf mein Wald nicht zurückgegeben werden. Macht ihn erst saub er von aller schädigenden Mischbestockung, wie zum Beispiel Himbeergestrüpp, Ebereschen und anderem Strauchwerk!« Aber die Leute, die den Wald zuerst hatten, nachdem er der Bauersfrau weggenommen worden war, meinten, anderen, die nach ihnen den Wald zur Hege und Pflege anvertraut bekommen hatten, seien für die Fichtenwaldreinigung zuständig. »Mitnichten!« sagten diese. »Wir haben getan, was wir konnten, und nun ist das nicht mehr unsere Sache.«

»So will ich zum Gericht gehen« sagte die Bauersfrau, und nun kam es zur Verhandlung vor dem Kreisgericht Zschopau am 16. April dieses Jahres. Ganz zu Anfang schien es, als ob alle geladenen Parteien, die inzwischen Renterin gewordene Frau U. als Klägerin, sowie die Vertreter der LPG in K. und des ehemaligen staatlichen Forstwirtschaftsbetriebes in M. unnachgiebig seien. Frau U. bestand darauf, daß der von der LPG zurückgegebene Wald in Ordnung zu bringen sei. Der Forstbetrieb meinte, seine Schuldigkeit getan zu haben. Die LPG jedoch war sich der rechtlichen Folgen, welche die Rückgabe des Waldes nach sich ziehen konnte, nicht im klaren. Die schädigende Mischbestockung muß von der LPG entfernt werden, lautete der Spruch des Gerichtes. LPG und Forstbetrieb werden gemeinsam auf Vorschlag der LPG und mit Zustimmung des Vertreters des Forstbetriebes die Bereinigung unter Einbeziehung von Arbeitsbeschaffungs-Maßnahmen durchführen. Damit wird aus der Not sogar eine Tugend gemacht. Der Streitwert beträgt etwa 500 Mark. Die Kosten des Verfahrens einschließlich des Rechtsanwaltes der Frau U. übernimmt die LPG.

Dieses Urteil wurde nach zweimaliger Verhandlung ausgesprochen. Das Gericht hat es sich nicht einfach gemacht. Jedoch bleibt die Frage an die beteiligten Parteien offen, inwieweit hier der Aufwand den Nutzen rechtfertigt.

Anmerkung C+H Doerffel: Auch wenn Krumhermersdorf nicht genannt wird, ist es doch gemeint