Freie Presse 04.11.2005 - Martina Brandenburg
Nachrichten
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Halloweenpartys: Feste wie Erntedank und Weihnachten
Dittersdorfer Pastorenehepaar von Feier in Kindertagesstätte befremdet - Mittelschule mit guten Erfahrungen als vielfältiges Unterrichtsprojekt

Kommentar

Auch zu DDR-Zeiten hielten alle in der Zeitung zitierten Lehrer vormilitärische Ausbildung und Körperertüchtigung für höchst förderlich: Für den Kollektivgeist, für die Bildung eines gesunden Klassenstandpunktes, für die progressive Übernahme von Traditionen der Bruderländer ... Diese Ansicht wurde nicht richtiger, indem sie in der Zeitung stand, auch nicht davon, dass alle befragten Lehrer dafür waren. Zum Glück weiß man das heute.

H. Doerffel

Mit Befremden hat das Pastorenehepaar Heidrun und Andreas Hertig von der evangelisch-methodistischen Kirche Dittersdorf auf die Halloween-Party in der Krumhermersdorfer Kindertagesstätte Bienenhaus reagiert. Dass das Ereignis die Fernsehprogramme, die Speisekarten der Fast-Food-Hersteller sowie Schulpartys bestimme, daran habe man sich leider gewöhnen müssen, schreibt das Ehepaar in einem Brief an die Erzieherinnen der Tagesstätte, der auch Freie Presse vorliegt: "Aber dass in einem Kindergarten kleine Kinder damit konfrontiert werden, muss wirklich nicht sein." Das natürliche Empfinden der Kinder, sich vom Bösen fern zu halten, sollte nicht in frühen Jahren zerstört werden.

»Das hätten wir nicht erwartet«, zeigten sich Sigrid Weißbach und ihre acht Mitarbeiterinnen und Praktikantinnen gestern über die Äußerungen des Pastorenehepaars schockiert. »Nicht das Gruseln stand im Vordergrund, sondern der Brauch, den wir den Kindern erklären und mit ihnen begehen. Genau so, wie das Erntedank- und das Martinsfest«, erläuterte die Tagesstättenleiterin. »Wir sind eine feierfreudige facettenreiche Einrichtung. Unsere Kinder lieben das Verkleiden, schlüpfen auch ohne Anlass gern in Kostüme.« Lediglich fünf der 62 Mädchen und Jungen im Alter zwischen zwei und zehn Jahren seien an diesem Tag auf Wunsch der Eltern zu Hause geblieben. »Die meisten Eltern haben sehr ideenreich an der Gestaltung der Kostüme mitgewirkt«, so Sigrid Weißbach. »Masken und Fratzen hingegen hat es nicht gegeben, sondern Geschicklichkeitsspiele zum Thema mit pädagogischem Wert.«

Auch Steffi Kraus, Fachbereichsleiterin der Englisch-Lehrer an der Zschopauer August-Bebel-Mittel-schule, betont den pädagogischen Sinn des Halloween-Festes, das die Schule heute zum fünften Mal feiert: »Die Party bietet die Gelegenheit, soziale Kompetenzen in einer Größenordnung auszuprägen, die im Unterricht nicht möglich ist. Die Schüler stellen Teamfähigkeit, Kreativität, gegenseitige Rücksichtnahme und die oft geforderte Übernahme von Verantwortung unter Beweis, was ihnen im Alltag sonst schwer fällt.« Die älteren Schüler würden die Veranstaltung für die jüngeren organisieren, sogar Auszubildende kämen an diesem Tag gern an ihre alte Mittelschule, um zu helfen. Mehr als 60 der 300 Schüler würden sich aktiv beteiligen - bis hin zum Aufräumen am Samstag.

Halloween sei als Brauch- und Feiertag in Größbritannien und den USA fester Bestandteil des Englisch-Lehrplans wie Thanksgiving und Weihnachten, erläuterte Steffi Kraus: »Verkleiden und Gruseln gehören dazu, sind natürliche Bedürfnisse der Kinder.« Das Halloweenfest mit Zauberkunststücken, Geschichten und Spielen habe sich im Laufe der Jahre zu einem richtigen Unterrichtsprojekt entwickelt. Kenntnisse aus den Fächern Chemie, Physik, Astronomie, Englisch und Hauswirtschaft fließen in die Programmgestaltung ein. Sogar der vom Regionalschulamt Chemnitz bestellte Englisch-Fachberater habe das Fest, das Bestandteil der Projektförderung ist, für nachahmenswert empfunden, will Kollegen zum Erfahrungsaustausch nach Zschopau schicken. »Negative Meinungen aus religiösen Kreisen sind uns nur in Einzelfällen bekannt. Ansonsten erhalten wir viel Zuspruch«, sagt auch Schulleiter Reinhold Fiedler. »Unsere Einrichtung ist offen für alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Halloween gehört wie Weihnachten dazu.«


Die Kommentare der Leser sind wenig schmeichelhaft:
Freie Presse vom 10. November 2005

Unsere Kinder werden seit einigen Jahren im Kindergarten und in der Schule auf breiter Front mit diesem keltischen Brauch konfrontiert. Oft wird verschwiegen, dass Menschen, vor allem Kinder, geopfert wurden, um böse Geister zu vertreiben. Auch die Verkleidung und Masken dienten zur Abschreckung von finsteren Mächten. Weihnachten, Ostern und Pfingsten sind christliche Feste, die auf keinen Fall mit dem keltischen Brauch in Verbindung zu bringen sind.

Viele Eltern sehen sich unwissend und ratlos mit dieser Party konfrontiert, die sie in ihrer Kindheit nie kennen gelernt haben. Ein "Bedürfnis zum Gruseln" können wir wohl bei Kindern nicht ausmachen. Tatsache ist, dass bei diesem Brauch Dämonen, Totengeister und unästhetische Fratzen eine Rolle spielen, die Angstgefühle hervorrufen. Die Kinder sollen offensichtliche ihre Gefühle überwinden und ihre eigene Angst als "gruseligen Spaß" verstehen. Ist das pädagogisch wertvoll?

In unserer Einrichtung haben Kinder ganzjährig die Möglichkeit, sich zu verkleiden und kreativ zu sein. Dazu brauchen wir keine Halloween-Party. Weil wir unseren Kindern eine positive Richtung für ihr Leben weisen wollen, bieten wir ihnen keine Gruselpartys in unserer evangelisch-lutherischen Kindertagesstätte Sonnenstrahl Drebach an.

Das Team der evangelisch-lutherischen Kindertagesstätte Sonnenstrahl Drebach, Pfarrer Karl-Heinz Kluge Kirchgemeinde Drebach, Pastor Klaus Leibe, evangelisch-methodistische Kirche Drebach.

Halloween ist nicht gleichzusetzen mit Erntedank und Weihnachten. Christen feiern zu Weihnachten die Geburt von Jesus Christus. An Erntedank wird Gott für die im Laufe des Jahres geernteten Früchte gedankt. Halloween ist ein heidnisches Fest, das zum Winteranfang gefeiert wurde. Dabei sollten mit Opfern, Feuer und Hexenmaskeraden Geister und Dämonen vertrieben werden. Es ist offensichtlich, dass Halloween tief im Okkulten verwurzelte Ursprünge hat. Es ist keinesfalls harmlos, sondern dem Totengott Samhain und somit ein dem Teufel geweihtes Fest.

Mir tut es in der Seele weh, dass schon die kleinen Kinder Teufelskostüme tragen. Dabei steht außer Frage, dass Kinder sich gern verkleiden. Aber muss das mit Grusel und Spuk sein? Es gilt hier, im Sinne unserer Kinder und auch für uns zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, klare Trennlinien zu ziehen und sich dabei scharf von diesen Praktiken abzugrenzen.

Evelyn Koch, Dittmannsdorf

Weihnachten und Erntedank, wie auch alle übrigen Feste, können nicht getrennt werden von ihrer Beziehung zu dem lebendigen Gott. Ebensowenig wie Halloween getrennt werden kann von seiner Beziehung zum Bösen. Mit Besorgnis sehen wir, dass heute weithin allzu leichtfertig mit der Realität der Macht des Bösen in unserer Welt umgegangen, diese geleugnet oder als Spielerei abgetan wird. Dass der dunkle Hintergrund von Halloween nicht verharmlost werden kann, zeigt zum Beispiel die Tatsache, dass an diesem Tag weltweit die Zahl der Ritualmorde und Verbrechen mit okkultem Hintergrund massiv ansteigt.

Um den 31. Oktober herum bieten sich gleich drei Termine an, auf die man ein Fest mit den Kindern beziehen und dazu noch auf Sinn, Herkunft und Bedeutung eingehen sowie soziale Kompetenzen, Teamfähigkeit, Rücksichtnahme und Verantwortung vermitteln und stärken kann: Reformationsfest, Allerheiligen und Allerseelen. Oder etwas später der Martinstag.

Übrigens: Ich hörte dieser Tage: Schüler einer Zschopauer Schulklasse haben sich gewünscht, aus den besagten Gründen nicht Halloween, sondern ein Herbstfest zu feiern. Wäre es nicht endlich an der Zeit, an dem vielerorts beklagten Werteverfall in unserer Gesellschaft, der die Ursache vieler Schwierigkeiten ist, mit denen wir heute in unserem Land fertig werden müssen, auf diese Weise entgegenzuwirken?

Pfarrer Bernhard und Monika Fuß, Waldkirchen

Jungen Menschen, die auf der Suche nach ihrem Platz im Leben sind, wird suggeriert, dass an teuflischen und übernatürlichen Dingen nichts schlimm ist, solange sie Spaß daran haben. Nun möchte ich keine Kritik daran üben, dass eine Party zu organisieren dazu beitragen würde, den jungen Leuten Gelegenheit zu geben, Dinge wie die Übernahme von Verantwortung, Teamfähigkeit, Kreativität und so weiter zu erlernen. Dafür kann man doch andere Anlässe finden als die Übernahme von in unserem Sprachraum unbekannten so genannten "keltischen" Bräuchen.

Den Kindern im Kindergarten wird auf "spielerische" Weise vermittelt, dass nichts Schlimmes dabei ist, wenn sie sich als Geister oder Hexen oder Teufel verkleiden. So wird ihnen die Möglichkeit genommen, als junge Erwachsene Fragen über den Ursprung der Dinge zu stellen. Denn die Erfahrung lehrt uns, das dass was man als Kind so gelernt hat, später als normal empfindet, weil es eben immer so war.

Genau das ist typisch für die deutsche Gesellschaft. Sich kritisch mit etwas auseinanderzusetzen und auch abzulehnen, wird nicht toleriert. Jeder christliche Widerspruch wird mundtot gemacht. Die Wirtschaft bestimmt, was "in" ist und "Spaß" macht. Solange man damit Geld machen kann, wird jede Kritik im Keime erstickt und jeder Kritiker als "Spaßverderber" dargestellt.

Sigrid Drescher, Dittersdorf

Ich darf daran erinnern, dass wir zu Weihnachten nicht das Kommen von Knecht Rupprecht feiern, sondern die Geburt Jesu Christi, dem Fürst des Lebens, der uns die Rettung vom Tod anbietet. Das ist inhaltlich das genaue Gegenteil des keltischen Brauches von der Feier der Herrschaft des Todesfürsten. Wenn die Kindertagesstättenleiterin meint, einen Brauch ohne Inhalt erklären und feiern zu können, so ist dies für mich ein wenig überzeugendes pädagogisches Anliegen, oder wie soll ich die Aussage sonst verstehen ("Nicht das Gruseln stand im Vordergrund, sondern der Brauch, den wir den Kindern erklären und mit ihnen begehen")?

Es spricht nichts dagegen, Kindern Bräuche anderer Gegenden zu erklären, zumal wenn sie durch kommerzielle Vermarktung allgegenwärtig sind. Dies ist aber doch wohl kein Freibrief, diese auch zu begehen und zu feiern. Wie sollen Kinder dazu erzogen werden, Inhalte und Hintergründe zu verstehen, wenn wir es uns so leicht machen und einfach mittun. Diese Kinder werden keinen Grund sehen, auch den so schönen Brauch des Drogenkonsums einfach mal mitzumachen.

Geradezu erschreckend und deprimierend fand ich die Aussage der Fachlehrerin der August-Bebel-Mit-telschule, dass die Ausprägung sozialer Kompetenzen auf Partys eher möglich ist, als im schulischen Alltag! Wer will sich da noch über die Pisa-Studie wundern?!

Matthias Weiß, Wolkenstein