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Brücke

Buschmühle musste Talsperrenbau weichen
Ehemals beliebtes Ausflugsziel im Heinzewald von der Stadt Chemnitz aufgekauft und abgebrochen


Günter Baldauf
in Freie Presse Chemnitz, 16.11.2001 Seite Saxonia

Zeichnung von H. Skolle Man nennt sie im Volksmund den Buschmüllerberg, diese 600 Meter lange und 11 Prozent ansteigende Straße vom Fuß des Adlersteines in Richtung Heinzebank. Der Name erzählt eine Geschichte.

Dort, wo heute der Lautenbach zur oberen Neunzehnhainer Talsperre angestaut ist, hat früher in der Mitte des Stausees die einstmalige Buschmühle gestanden. Vor dem Bau der 1910 bis 1914 errichteten Talsperre sollen noch deutlich die Spuren eines Mühlgrabens und Überreste eines Teichdammes zu sehen gewesen sein. Nach einer Familiensage (1) soll sich der alte Buschmüller durch ein unliebsames Ereignis weiter oben am Lautenbach neu angebaut haben (2). Der Name des Erbauers der neuen Buschmühle ist nicht bekannt, ebenso wenig, wann und von wem sie an die Stadt Wolkenstein verkauft worden ist. Die erste Nachricht über sie stammt aus dem Jahre 1585. Um 1600 ist die Buschmühle auf Karten bereits auf ihrem neuen Standort — benannt "die Rathsbrettmühl zum Wolkenstein" (3) eingezeichnet. Im 30-jährigen Krieg wurde die Mühle zerstört. Wer sie wieder aufgebaut hat, ist nicht bekannt. Aber ein altes Aktenstück meldet, dass sie 1746 einem Michael Helbig gehörte. Die Buschmühle blieb über 150 Jahre lang im Familienbesitz der Helbigs. Der letzte Besitzer, Karl Friedrich Helbig, baute die Mühle weiter aus und erwarb auch die Schankberechtigung. Sie wurde ein vielbesuchter Ausflugsort. Die Wasserräder wurden durch eine Turbine ersetzt und zur Verstärkung der Triebwerke die Wasserkraft durch eine Lokomobile ergänzt.

Besonders Hermann Skolle, der 1884 in Lauterbach als Junglehrer arbeitete, später in Plauen als Lehrer sowie Heimatforscher und -schriftsteller wirkte und die Tochter des letzten Buschmüllers heiratete, hat sich sehr um die Erforschung der Geschichte der Buschmühle verdient gemacht. In seinem 1936 erschienenen Buch "Die Brettmühl im Heinze-wald" hat er dem Schicksal der Bewohner der Buschmühle während des Siebenjährigen Krieges (1756—1763) ein Denkmal gesetzt.

Als 1899/1900 die Stadt Chemnitz plante, im Lautenbachtal für die Erweiterung ihrer Wasserversorgung zwei Talsperren zu bauen, wurde zur Reinhaltung des Wasssers die Buschmühle durch die Stadt aufgekauft und 1905 abgebrochen.


  1. Nach "Werte unserer Heimat / das mittlere Zschopautal, S3" lag die Buschmühle zwischen alter und neuer Straße (B101) im Lautenbachtal - also sehr nahe der Straße. Jene Mühle, an deren Stelle sich heute die obere Talsperre Neunzehnhain befindet, hieß 1590 bei Öder (Ur-Öder) "Schickes Brettmühle". Es ist darum anzunehmen, dass der Mühlenumzug nicht stattfand.
  2. Wahrscheinlich ist hier eine Sage aus dem benachbarten Pockau gemeint, das auch eine Buschmühle hatte:
    "Die Bluttat in der Buschmühle
    Im Pockautal, oberhalb der Hohensteine, stand die Buschmühle, ein Sägewerk mit Gatter und Wasserrad. Der Buschmüller, so berichtete die Sage, gehörte zu einer Räuberbande, die um 1750 ihr Unwesen trieb. Doch die anderen Bandenmitglieder aus den Grenzdörfern Kühnhaide, Rübenau, Reitzenhain und Satzung trauten dem Buschmüller nicht mehr. Sie vermuteten, daß ihn die hohe Belohnung, die der Kurfürst ausgesetzt hatte, zum Verräter machen würde. Eines Nachts erschienen sie in der Buschmühle und banden den Buschmüller, der sich zunächst wehrte und seine Unschuld beteuerte, auf den Gattertisch. Noch glaubte er, daß sie ihm nur Angst machen wollten. Doch er irrte sich. Sie rückten die Säge ein und ließen den Buschmüller hindurch, so daß sein Körper in zwei Teile getrennt wurde."
    Aufgeschrieben von Heinz Neubauer, Pockau, nach mündlichen Quellen und Hinweisen in: C. W. Hering, Geschichte des Sächsischen Hochlandes mit besonderer Beziehung auf das Amt Lauterstein, zwei Bände, Leipzig 1828. Die Existenz einer solchen Räuberbande kann in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nachgewiesen werden. Sie trieb ihr Unwesen im oberen Erzgebirge und hat »... die allergrausamsten Einbrüche zu begehen nicht gescheut und und in dasiger Gegend beynahe kein Dorf und keine Stadt noch Mühle verschonet.« 1755 gelang es, einen großen Teil der Bandenmitglieder, vornehmlich aus dem Raum Reitzenhain / Rübenau, festzunehmen. Im Herbst des gleichen Jahres wurden mehr als zwanzig in Wolkenstein und Komotau (heute Chomutov, Tschechien) hingerichtet.
    [zitiert nach Sagen aus dem mittleren Erzgebirgskreis]
  3. Gemeint ist die Karte von Zimmermann um 1610, dort heißt es korrekt: "Des Raths zu Wolckenstein breth mül"