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Ein sehr ausführlicher Text über ein schreckliches Jahr in Sachsen. Die Zitate belegen WIE schrecklich dieses und die folgenden Jahre waren. Umso unverständlicher, dass allenthalben durch den Autor betont wird, es sei eigentlich nichts besonderes los gewesen.
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Und gleich am folgenden Tage 24. Juli 3. August befahl er ihm alsbald nach Empfahung dieses den Obristen Pichowsky mit seinen Croaten ohne Bagage auf kurze Zeit nach Zittau und weiter ins Schweidnitzische zu schicken, zur Verwendung gegen den Feind. Und wieder einen Tag später gab er ihm dann den entscheidenden Befehl - den Befehl zum Einfall ins Vogtland und Meissen.
Da der Zustand Böhmens den Aufbruch der holckischen Armee nothwendig mache, aber nicht rathsam sei, sich damit dahin, wo es des Herrn Kurfürstens in Baiern Liebden begehret, zu impegniren, zumalen deroselben intention dahin gerichtet, dass sich der Herr mit dein Grafen von Aldringer conjugiren, Belagerungen anfangen, den Feind von ihrem Land bringen, hingegen Ihrer Kaiserl. Majestät Königreich und Lande entblösset lassen solle, auf welchen so erfolgenden Fall, wenn sich der Feind vom Weserstrome auch heraufwärts wenden thäte, er entweder in der Schlesien sich so bestärken, dass wir ihm nachmals wenig anhaben, oder, da er nach Böhmen ginge, das Land ohne Volk und resistenz finden würde; als erinnern wir den Herrn, sich mit dem unterhabenden Volke, ausser den nothwendigen Guarnisonen gegen Voigtland und Meissen, allda er dem Feind eine diversion machen wird, zu begeben, und weil Ihm alles der Orten bekannt, so viel als sich thun lässt, fortzusetzen; doch in allem sicher zu gehen und das Königreich Böhmen zu decken, den Rekruten und Bagage aber zu ihren Regimentern (gestalt wir demselben durch den Grafen Gallas auch dergleichen Ordinanz ertheilen lassen) zu. ziehen anzubefehlen.
Dazu ein eigenhändiges Postscript: In Böhmen darf der Herr keine grosse praesidia lassen, dieweil ers mit der Armee bedecken wird. Bitt, der Herr thue aufs ehiste dazu, damit er etwas richte, ehe dem Feinde mehr Volks zukommen wird. Mit dem von Aldringer correspondire der Herr fleissig, damit er an seinem Ort auch das seinige thue.
Mochte nun auch der Kaiser, den Maximilian von der Sendung Rueps ins friedländische Hauptquartier durch eigene Absendung benachrichtigt hatte, den Generalissimus auffordern, (1) um den Kurfürsten von Bayern bei noch ferner angebotener, treubeständiger Assistenz und gutem Willen zu erhalten, an Aldringer die so hoch verlangte relaxirung seiner Ordinanz zu schicken, und ihn an den Kurfürsten zu weisen, - eine Zumuthung, sehr ähnlich dem Erscheinen des selbstständigen Heeres unter Feria auf Reichsboden und der Ueberweisung Ossas an ihn - mochte er gleich auf die von Maximilian für Aldringer erbetene Unterstützung mit einem Theil des holckischen Corps hinweisen - so war es damit jetzt zu spät. Wallenstein hatte an Holck bereits den Befehl zum Einfall ins Vogtland gegeben, als er den kaiserlichen Brief erhielt - einen Befehl, den er jetzt in dringendsten Worten wiederholte - und beantwortete ihn erst, als er von seinem General Nachricht hatte, dass er sich dahin incaminire. Und zwar wieder in der alten Weise: es sei absolut unmöglich, dem Kurfürsten beizustehen, wenn nicht der Kaiser und die kaiserlichen Länder in äusserste Gefahr gesetzt werden sollten; vollends weil Kniphausen nach seinem Siege über Gronsfeld sonder Zweifel, da er anders seiner Sinnen nicht beraubet, sich heraufwärts wenden werde. Er bitte ihn deshalb, zu verzeihen, wenn er dem Kurfürsten von Bayern in diesem seinem Verlangen nicht zu willen sei. Damit demselben aber durch andere, vorträglichere Wege geholfen werde, habe er dem Feldmarschall Holck einen Einfall ins Voigtland und Meissen mit allen seinen Truppen befohlen. Vermittelst dessen dann ein Theil des Volks, so der Herzog Bernhard von Weimar und Gustaf Horn bei sich haben, sich auch in Meissen wenden und gegen gedachten Grafen Holcken gehen, dergestalt durch solche Diversion des Feindes vires von mehrgedachtes Kurfürsten Liebden Lande distrahiret auch Euer Majestät Erb-Königreich und Lande, zumal sonst gedachter Graf Holcka, wenn gleich dem Grafen von Aldringer noch etliches Volk zugeschickt werden sollen, mit dem meisten in Böhmen hätte verbleiben müssen, von weiterer Beschwerde befreiet, und verhoffentlich also die Ungelegenheit des Kriegs in Meissen transferiret, auch der Kurfürst zu Sachsen desto ehender den Frieden zu suchen verursacht werden wird.
Nach den bisherigen Mittheilungen, denke ich, kann es nicht zweifelhaft sein, dass das eigentliche Motiv für den holckischen Einfall in Meissen nicht, wie es wohl geschehen, bei Sachsen zu suchen ist. Dass der Kaiser sich auf die Seite Spaniens und Bayerns stellte, in deren Interesse, ohne Rücksicht auf seinen Generalissimus, vielmehr ihm entgegen, militärische Dispositionen traf, - das war es, was diesen veranlasste, seinerseits über die Heeresmacht in einer Weise zu verfügen, welche zeigen sollte, dass in militärischen Dingen ihm die Entscheidung zu stehe. Wenn er auch den vom Kaiser bewilligten Zug Ferias ins Reich nicht verhindern konnte, so war er doch nicht gewillt, weiter nachzugeben; am wenigsten in Bezug auf die vom Kaiser befürwortete Unterstützung Maximilians von Bayern durch einen Theil des holckischen Corps. Um Holck nur nicht in die Oberpfalz zu schicken, liess er ihn - nicht etwa zu sich nach Schlesien kommen, denn dort, wo man eben damals mit dem feindlichen Hauptquartier in Verhandlungen stand, bedurfte man keiner Truppenhülfe; wohl aber ins Sächsische einbrechen. Wenn er dem Kaiser dieses Unternehmen als eine Diversion zu Gunsten Maximilians darstellte, so war das eben nur eine immerhin leidlich Plausible Wendung, bei welcher der Kaiser sich beruhigen mochte. Dass der holckische Einfall in Wahrheit die grosse schwedische Armee nicht zum Verlassen der Donau und zum Aufbruch nach Meissen veranlassen würde, wusste Niemand besser als Wallenstein.
Ueberhaupt machte sich Wallenstein von dieser Expedition für die allgemeine Kriegführung schwerlich allzugrosse Versprechungen, und wenn er gleichfalls gegen den Kaiser äusserte, dass sie Johann Georg veranlassen werde, desto eher den Frieden zu suchen, so war auch das jedenfalls sehr stark ausgedrückt. Von der Einwirkung des holckischen Einfalls auf die militärisch-diplomatischen Verhältnisse in Schlesien, die Wallenstein nach der neuesten Auffassung mit ihm beabsichtigt haben soll, sagt Wallenstein selber nichts; wie denn auch beides kaum in einem Zusammenhang mit einander steht. Es ist ja bekannt (2), wie Wallenstein, fast unmittelbar nach Beendigung seines Aufmarsches in Schlesien, mit Arnim zu unterhandeln begann, und wie es schon am 28. Mai/7. Juni zum Abschluss eines Stillstandes auf zwei Wochen kam, der dann um mehrere Tage verlängert wurde (3). Aber auch nach diesem Termin wurde die Correspondenz zwischen den beiden Höchstcommandirenden eifrig fortgesetzt (4). Und mochte gleich ein Moment eintreten, in welchem - wie Wallenstein in seinem Brief an Obrist Goltz vom 25. Juni/5. Juli sagte - der vorhin bewilligte Stillstand der Waffen gegen den Feind aufgehebt war, und - wie er Tags darauf dem Kaiser schrieb - nunmehr mit den Waffen fortzugehen beschlossen worden, so blieb es eben bei dem Beschlusse. Die Kette der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden feindlichen Lagern war eben nur gelockert, nicht durchrissen, und allgemach reihte sich an jene erste Gruppe von Stillstandsverhandlungen eine weitere an (5), denn auf die von Dänemark so eifrig betriebenen Friedenstractate, die demnächst in Breslau eröffnet werden sollten, hätte es natürlich den hemmendsten Einfluss ausüben müssen, wenn die Heere der miteinander zu versöhnenden Parteien sich die Köpfe blutig schlugen. Es wurde zwischen Wallenstein und Arnim schriftlich abgemacht, dass Obrist Burgsdorf, sobald er von einer Sendung ins sächsische Lager zurückgekehrt sein würde, hinüber ins friedländische Hauptquartier gehen sollte. Darüber wurden am 18., 19., 20. Juli n. St. Briefe gewechselt (6), und zwar in durchaus sachlicher, nichts weniger als gereizter Form. Da sich die burgsdorfische Legation zerschlug, proponirte dann Wallenstein eine mündliche Unterredung mit Arnim selbst. Und zwar geschah diese Proposition indirect, indem nämlich Graf Trcka darüber an Herzog Franz Albrecht Mittheilung machte, dieser es dann an Arnim berichtete, der natürlich darauf einzugehen geneigt war. Erwähnt wird dieser Vorschlag zuerst in Arnims Brief an Wallenstein d. d. Schweidnitz 31. Juli/10. August (7), und es ist sicher, dass er erst um diese Zeit, d. h. mehrere Tage später als Wallensteins Befehl an Holck zum Aufbruch ins Sächsische, erfolgte. Von irgend welcher Pression, die der über das hinauszögern von ihm gewünschter neuer Stillstandsverhandlungen ungeduldige und ungehaltene Wallenstein auf Arnim durch das holckische Unternehmen habe ausüben wollen, kann somit nicht die Rede sein. (8) Doch war es auch nicht lediglich die Rücksicht auf sein Verhältniss zu Bayern und Aldringer, zum Kaiser und zu Feria, was ihn veranlasste, Holck jene Invasionsordre zu ertheilen. Die sehr prosaische Sorge für den Lebensunterhalt der Truppen gestattete nicht, sie länger in diesen böhmischen Quartieren zu lassen, in denen sie sich nun bereits über ein halbes Jahr befanden. Wäre es noch Feindesland gewesen, das man so andauernd in Anspruch nahm! Aber dass die eigenen Truppen Monate lang so gut wie unthätig in den eigenen Ländern lagen, widersprach doch der Natur der Dinge und aller Kriegsraison.
Der Herzog hatte den im Winter 1632/33 in Böhmen und andern kaiserlichen Erbländern einquartirten Regimentern durch ein gedrucktes Verpflegspatent die Unterhaltung in den Quartieren bis ultimo Juli (neuen Stils) prolongirt und bestimmt, dass diejenigen Regimenter, die mit ihm und sonst bereits zu Feld waren, zu Erlangung sothaner Verpflegung bis auf gesetzte Zeit ihre Bagagia und commandirte Officier hinterlassen sollten.
Nun ging der Juli zu Ende und die Lage des Landes wie der Truppen machte neue Anordnungen dringendst nöthig. Denn von Seiten der Einwohner war jenem Patent durchaus nicht in vollem Umfang nachgekommen worden, und es war wohl zu besorgen, dass die restirende Verpflegung zur Destruction der Armada führen möchte; um so mehr, als sich auch die sämmtlichen bei der Armee befindlichen Officiere wegen nicht erfolgender derer ihnen versprochenen Contentirung bei ihm beschwert und ihn inständigst gebeten hatten, dass ihnen gebührende Satisfaction wiederfahren möchte. Er wandte sich deshalb an den Hofkriegsrath von Questenberg und an den Kaiser selbst (9): Er habe Ihm nun schon mehrfach vorgestellt, was für Gefahr dero Lande und das allgemeine Wesen von dem in die Lände unbefriedigten Volk zu gewarten, insonderheit, gar wenn anjetzo, da ich solcherwegen meinen Credit und Zusage, hat anders das Volk aus den Quartieren ins Feld gebracht werden sollen, interponiren müssen, keine Wirklichkeit erfolgen thäte, ein allgemeiner Zweifel und Misstrauen, folgends besorglich oder eine gefährliche Ruptur und durchgehende Desperation und dann daraus dero hochlöblichstem Erzhaus angehörigen Landen und dem allgemeinen Wesen unwiderbringliches Unheil entstehen würde. Er bat ihn deshalb, den restirenden Ländern ernstlich anzubefehlen, dass weitere vergebliche Verzögerung hintangesetzt und die so höchst nothwendige Befriedigung des Volks auf Mass und Weise, wie es die jetztgemachte Austheilung mitbringet, und die äusserste Noth und eines jeden Conservation erfordert, zumal anstatt der versprochenen dreien completten Monatsold sie sich nur auf so viel, als effective zu Feld gezogen, persuadiren lassen, zu Werk gerichtet werden (10).
Nicht zum wenigsten hatte Holck unter den Schwierigkeiten der Verpflegung zu leiden, und er wandte sich deshalb von Pilsen aus wiederholt an Wallenstein (11). Es sei unmöglich, mit Fleisch und Brod aufzukomme", und vom Feinde etwas zu erobern habe er weder Gelegenheit noch Ordre; deshalb müsse nothwendig entweder das Volk ruinirt werden, oder aber, wie bis dato geschehen, die Länder den Unterhalt verschaffen. Er habe seit Wallensteins Abreise das Volk mit blossem Commissbrod, weil ein jedweder aus seinem Quartier noch ein Hülf gehabt, in esse erhalten und versehen lassen. Auch habe es an scharfen Befehlen, gute Ordre zu halten, wie dann nit weniger an unterschiedlichen exemplarischen Executionen nit ermangelt, so dass er verhoffe, er werde an seinem beständigen Fleiss nichts haben erwinden lassen. Aber das Land sei nunmehr aller Orten aufs äusserste runiret (12), die Stände und Unterthanen nicht allein ganz widerwillig, sondern auch bei Ihrer Kaiserl. Majestät diesfalls sich zum Höchsten beschwert. Und dieses Calumniren sei so arg gewesen, dass Graf Wrtby (der kaiserliche Generalcommissär in Böhmen) von Hof aus den Befehl erhalten habe, eine Inquisition anzustellen (13). Er bat deshalb Wallenstein um einen schriftlichen Befehl: ob die Einquartierung, wie sie bis ultimo Juli gewesen, noch ferners soll continuiren, oder ob zu Verleichterung des Königreichs, und dass man der Erndten um so viel besser abwarten und einbringen können, der Regimenter, so bei Ihrer Fürstl. Gnaden, bagagio und recrouten überall hinein in die Schlesien zu ihren Regimentern marschiren sollten, und wie es mit denen, die hier bei ihm verblieben, gehalten werden sollte. Er habe interimistisch - weil ihm bis dato von Wallenstein kein Befehl zugekommen sei, jene mit dem Juli (n. St.) ablaufende Verpflegungsordre zu continuiren - den sich in Schlesien befindlichen Obristen Ordonnanz ertheilt, ihre Bagage, Officiere und hinterstelligen Recruten zu sich zu erfordern; für die hier bei ihm befindlichen Regimenter habe er die Quartiere aufs Neue ausgetheilt (14) und der Unterhaltung halber eine gewisse Moderation mit Zuthun des Herrn Grafen Wrtby und anderer Commissarien pro interim und auf Euer Fürstl. Gnaden ferneren Befehl, damit es dem Lande nicht zu schwer fallen möge, gemacht (15). Nach dieser interimistischen Verpflegungsordonnanz sollte die Zahl der Portionen dieselbe wie in dem wallensteinischen Verpflegungspatent bleiben; die Moderation sollte darin bestehen, dass auf eine Portion von dato an nicht mehr als
Solchem Zustande, der das Land wie die Armee gleichmässig ruiniren musste, schleunigste Abhülfe zu schaffen, erkannte Wallenstein als unabweisliche Pflicht. Und daher war seine Antwort gleich auf die erste Eröffnung Holcks _ jene vom 21./31. Juli _ eben der Befehl zum Aufbruch ins Sächsische:
Allermassen nun, wenn das Volk länger also liegen und nichts vornehmen sollte, solches dem Land beschwerlich fallen und die Winterquartiere dadurch ruiniret werden würden, . . . Als erinnern wir den Herrn, sich mit dein unterhabenden Volk, ausser den nothwendigen Guarnisonen, gegen Voigtland und Meissen, allda an Brod und Fourage, weil der Schnitt bereits vorüber, kein Mangel erscheinen wird, zu begeben u. s. w.
Alles Gesagte zusammengenommen ergiebt demnach, dass ganz bestimmte politische Motive und dazu das praktische Bedürfniss die holckische Invasion veranlassten. Mit dem Gang der allgemeinen Politik hat sie so wenig zu thun, wie mit dem Verlauf des grossen Krieges. Sie war kein nothwendiges Glied in der Kette von Wallensteins strategischem Plan: es war vielmehr vorauszusehen, dass sie sich zu einem einfachen Beutezuge gestalten würde.
Holck beeilte sich, jenen rasch auf einander folgenden Befehlen Wallensteins vom 2., 3., 4. August (n. St.) nachzukommen (16). Ohne auf die Marschbereitschaft der Artillerie zu warten, wollte er zueilen und unversehener Weise etwas tentiren, Chemnitz, Freiberg und Zwickau berennen lassen, dass wir zu leben können haben, und, ehe Volk dahin einkommt, sie überraschen; dann ausser der Stadt (d. i. den Städten) ist wenig vorhanden in Meissen, und Voigtland ist mit dem Markgrafthum in Grund verdorben.
Bereits am 1./10. August hatte er über die Truppen disponirt. (17)
Zur Expedition war bestimmt:
In Böhmen bleiben sollten folgende Truppen:
Es ergiebt sich aus dieser Liste einmal, dass die zurückbleibenden Truppen in einem grossen Kreissegment um Pilsen längs der böhmischen Grenze von Eger bis über die Elbe postirt wurden. An Kamnitz, den nach Nordosten am weitesten vorgeschobenen Punkt dieser Aufstellung holckischer Truppen, schloss sich die Position Zittau an, die Wallensteins Befehl gemäss Holck durch Obrist Prichowsky mit seinen Croaten zu verstärken hatte.
Es ergiebt sich aus ihr ferner, dass von der Cavallerie das ganze terzkysche Regiment (10 Compagnien), dazu 2 Compagnien vom ulfeldischen zurückblieben; von der Infanterie gleichfalls das ganze terzkysche (7 Compagnien), das ganze thunische (10 Compagnien), das ganze marazinische (10 Compagnien) und von dem jung breunerischen 1 Compagnie. (18)
In Bezug auf die Artillerie widerspricht sich die Liste, indem einmal die ganze Artillerie (2000 Pferde) mitgenommen werden, dann aber die übrige Artillerie und Munition neben 150 Artilleriepferden in Pilsen zurückbleiben soll, wo sie sich bereits, als im Centrum der holckischen Aufstellung, den ganzen Sommer über befunden hatte.
Zur Aufklärung dient, was Holck in diesen Tagen über sie schreibt. Am 8. August (n. St.) berichtet er an Wallenstein, er habe "Herrn Grafen Colloredo mitgenommen mit alles Feuerwerk, Mörser, Petarden und kleine Stücke aber nur 6 halbe Canonen; die andern Stücke mit den übrigen und unnöthigen Sachen zu Pilsen hinterlassen Und eben wegen der Munition und Artiglerie, so man dort lässet bleiben und nit nöthig mitzuführen, müsse Pilsen (wie er in diesem Brief schreibt) nothwendig ein paar Compagnien zu Fuss und eine zu Ross haben. (19) Doch bemerkt er in demselben Brief, dass die zur Artillerie gehörigen Pferde vor dem 12. oder 13. August (n. St.) zu Pilsen aus ihren Quartieren nicht kommen können. Am 12. August (n. St.) schreibt er: Was von Artiglerie Ich mit mir nehme, wie gleichfalls, was hier zu Pilsen zurück verbleibet, haben Euer Fürstl. Gnaden aus den Beilagen (obiger Liste) gnädig zu ersehen; und weil die Pferd noch weit abgelegen, hab Ich nit mehr, als was nur in der Eil nöthig, stracks mit mir genommen und werde Herrn Generalfeldzeugmeister Herrn Grafen Colloredo sobald nur möglich mit dem Rest nachfolgen lassen; hab auch bei der Artiglerie so allhier verbleibet einen Commandanten und Zeugwarter hinterlassen.
Also: Holck bestimmte nur einen Theil der Artillerie für die Expedition, und Colloredo zu ihrem Befehlshaber. Doch wartete er mit seinem Aufbruch nicht, bis sie marschbereit war, sondern nahm mit, was sofort marschiren konnte; den Rest sollte Colloredo nachführen. (20)
Den Oberbefehl über die Zurückbleibenden übertrug Holck dem Grafen Strozzi, den er von Saatz nach Eger berief; dann alle Gefahr ist allein von Donauwörth oder Bamberg bis dato sich zu besorgen, es möchte dann von der Weser herauf auf Dresden etwas ankommen. (21)
Weil auch es sich also schicken möchte, dass Ich mich müsste hin ins Reich zurückbegeben, aus allerlei Zufäll, so sich täglich zutragen könnten, es dieser Zeit nicht rathsam etwas weiter zu hazardiren, so sei von ihm angeordnet, zu Pilsen, Eger und Saatz die angefangenen Provianthäuser zu conserviren und zu vermehren. Auch hinterliess er zu dem Ende an jedem dieser Orte gewisse Leut, denn die hiesige Landcommissarien wurden selbst alles liegen lassen, sofern sie von andern nit angetrieben werden. Schon am 2./12. August konnte Holck von Pilsen aus an Wallenstein melden, (22) dass er alles Volk, das man in den Garnisonen entbehren könne, habe zusammenrücken lassen; und dass es morgen Abend (3./13.) weil es unmöglich, dass es ehe hat können bei einander kommen, auf dem Rendezvous zu Joachimsthal erscheinen werde. Sonntag den 4./14. August sollte dann der Aufbruch von Joachimsthal erfolgen, so dass er unfehlbar Montag gegen Abend Zwickau angreifen kann.
Und an eben diesem Sonntag schrieb er von Joachimsthal aus an Wallenstein (in Antwort auf dessen Brief vom 1./10. August, in welchem er ihn ermahnt hatte, keinen Augenblick zu versäumen, sonderen seinen Zug im Voigtland und Meissen ohne einige Dilation festzustellen") kurz und bündig: Ich marschire mit der mir anvertrauten Armada in aller Eil; werde auch annoch heut, geliebts Gott, an dreien Orten in Meissen einfallen.
In einem eigenhändigen Postscript fügte er hinzu: Um nichts zu versäumen habe ich alle pagasche ganz zurück, wie auch die artolleria im Nachzuge, welche doch Dienstag (6./16.) wird zu Zwickau anlangen; ich aber mit der Infanterie morgen Abend (5./15.) da voran sein werde.
Zwar hiess es, dass dem Feinde von Hameln auf Dresden Succurs ankommen, zwar berichtete Generalwachtmeister Wahl aus Amberg von feindlichen Truppenbewegungen von Bamberg und der Nürnberger Gegend aus gegen Auerbach und Villsack: werd also auf allen Ecken suchen mein Intention zu verhindern und aus Meissen zu avociren; werde mich aber darin nichts kehren, so lange mir Ihr Fürstl. Gnaden nit anders befehlen. Er wollte solche kleine geringschätzige Einfälle (wie von Dresden aus, oder durch die Pfalz nach Böhmen) lieber leiden, als um ihretwillen, - was er, weil sie so weit von einander abgelegen, sonst thun müsse - die Armada separiren, welches nit ohne Gefahr geschehen könnte. Zumal da die vornehmsten Plätze (von ihm) also besetzt seien, dass sie ohne Kanonen und Zeit nicht zu nehmen.
Holcks Disposition für die Invasion ins Sächsische, wie er sie am 12. August (n. St.) selber Wallenstein mittheilt, war so. Der Einbruch erfolgt an drei Orten. Das Hauptcorps, von ihm selber geführt, geht von zwei anderen kleineren Corps flankirt, in der Mitte auf Zwickau, beginnt schon am 5./15. August den Angriff.
Obrist Ulfeld führt - rechter Hand - 24 Compagnien Reiter und Dragoner und das peygottische Regiment Croaten auf Freiberg und Dresden, (23) um den Feind zu divertiren und den alarme grösser zu machen; und um ihn, welcher bis dato in Meissen nit über 3 schlechte Regimenter zusammen hat, aufzuhalten, damit er in die Städte keine Besatzung oder Succurs hineinschicken könne, und mich also länger aufhalten. Jedoch kann gemeldter Herr Obrister allzeit durch das Land oder auch neben den böhmischen Grenzen sicher zu mir kommen.
Feldmarschalllieutenant Hatzfeld endlich marschirt - linker Hand - mit der unarmirten Reiterei und Croaten auf Hof und Plauen. Am 4./l4. August stösst er zu Holck, damit, weil die Pässe eng, der marche so viel schleuniger fortgehe und mich bedecke die linke Hand gegen Bamberg; dadurch dann der Feind und Einwohner nit wissen können, wo es hinaus gemeinet.
Ich werde - fügt Holck diesen Angaben hinzu - etlich Tag Zeit haben können, bis der Feind (welcher doch mir nit bestant, es wäre denn, dass von dem Weserstrom oder Donauwörth etwas anmarchiren möchte) gegen mir erscheinen könne. Unterdessen hoffe ich die bequemsten Oerter gegen Voigtland und Meissen zu occupiren und also posta zu nehmen, dass ich laut Euer Fürstl. Gnaden gnädigster Ordre mich nit von Böhmen weiters decostere, als dass ich geschwind wieder darein sein könne.
Die Absicht also ging darauf, gleichzeitig von verschiedenen Punkten aus in das Kurfürstenthum einzubrechen, ohne dann allzuweit vorzudringen. Die in einer der böhmischen Grenze parallel laufenden Bogenlinie gelegenen Städte Hof, Plauen, Zwickau (Chemnitz), Freiberg bezeichneten die Grenze, über die man zunächst nicht hinauszugehen dachte. Von all diesen Punkten aus konnte man sich rasch und leicht ins Böhmische zurückziehen.
Eine Darstellung der holckischen Invasion wird mit der Beschreibung eines Feldzuges wenig Aehnlichkeit haben. War doch von einem genauen Plan, von strategischen Combinationen, von tactischen Schwierigkeiten bei ihr nicht die Rede. Man kam, überfluthete das Land, setzte die Ortschaften in Contribution, plünderte und verwüstete, raubte und mordete nebenher. Wenn man die im Dresdener Archiv in sehr grosser Zahl vorliegenden Berichte aus den vom Feinde mitgenommenen Gegenden liest, so bekommt man einen lebhaften Eindruck davon, wie sie hausten. Und ich denke, es wird sein Interesse haben, aus diesen Berichten die eine und andere Mittheilung zu machen. Den freilich nur sehr summarischen Schilderungen der gleichzeitigen Geschichtsschreibung (Theatrum Europaeum u. a.) entsprachen sie doch nicht so ganz. Denn eines solchen Uebermasses der Bestialität wie sie beschuldigten selbst die durch die Invasion am härtesten Betroffenen die holckischen Schaaren nicht. Im Gegentheil sind es auffallend häufig nur Klagen über wahre Bagatellen, wie aufgebrochene Thür- und Kistenschlösser, ausgeschüttete Betten, in denen die Berichte sich ergehen. (24) Und es darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass es fast immer nur einzelne lose Haufen oder die Croaten waren, die mit widerlicher Rohheit und gierigern Frevelmuth handelten. Am wenigsten Holck selber billigte oder beförderte gar solche Excesse, und es liegt daran, endlich sein Bild von den denn doch übertriebenen Entstehungen zu reinigen, mit denen sehr begreifliche Erbitterung sich zu rächen bemüht gewesen ist. Dass in zwei einander folgenden Sommern derselbe Heerführer den beutelustigen Feind in dieselben Gegenden führte, hat für diese Gegenden seinem Namen natürlich einen entsetzlichen Klang gegeben. Und doch war, was seine Schaaren thaten, nur zu häufig nichts weniger als die Folge seines Befehles, und jedenfalls nicht schlimmer, als was sich damals überall der Soldat in Feindesland erlaubte. Denn in allen Heeren fehlte es an Geld, und alle waren darauf gestellt, sich ihren Unterhalt zu nehmen, wo sie ihn fanden. Das Machtwort auch nicht eines Heerführers - auch Gustaf Adolfs und Wallensteins nicht - reichte bis in die entfernteren Aufstellungen seiner Truppen, und gerade von Gustaf Adolf, der Excesse seiner Soldaten, so weit er es vermochte, aufs Strengste bestrafte, stammt das Wort: Soldaten sind keine Klosterjungfrauen. Es ist für die holckische Invasion festzuhalten, dass man eben als erklärter Feind kam und durchaus keine Rücksicht walten zu lassen hatte, als die auf sich selber. Erfahren wir doch über die sächsischen Truppen selbst, die sich in den vom Feinde überschwemmten Gegenden befanden, dass sie es nicht eben viel besser machten als dieser. (25)
Eines Umstandes muss noch im Voraus gedacht werden, der die ganze Invasion in ein sehr düsteres Licht hüllt. Sie fand statt in Gebiete, welche von der Pest inficirt waren. Mit dem lauten Jammer über den hereinbrechenden Feind vermischte sich die dumpfe Verzweiflung über die verheerende Seuche, welche die streifenden Rotten von Ort zu Ort trugen. Es hat etwas Grauenhaftes, dieser Einmarsch in verpestete Gebiete. dieses Beutemachen auf einem Pestheerd; und wenn der Soldat sich nun hier und da wirklich zu rohesten und frevelhaftesten Excessen hinreissen liess, so wird man sich ähnlicher Fälle zu erinnern wissen, wo die Schauder der verheerenden Seuche auch unter ehrsameren Menschen, als Croatenhorden sind, alle Bande der Ordnung lösten, alle Achtung vor Besitz und Leben zerstörten. Gegen das Elend, das die Pest in jenen Augusttagen über das Land brachte, war aller Soldatenfrevel ein Kinderspiel. Aber die Pest war ein Verhängnis Gottes, und gegen holckische Brandschatzungen und gegen Croatenfrevel konnte man mit Verwünschungen auftreten. Und so mischten sich denn in den Berichten die Lamentationen über das Auftreten der holckischen Schaaren und die Verwüstungen der Pest. Die Schauder der um sich greifenden Seuche vermehrten die Wuth über die feindliche Invasion, die an sich um nichts schrecklicher war, als hundert andere Einfälle in Feindesland. - Den Dispositionen des Generals entsprechend erfolgte am Sonntag 4. August (a. St.) auf der ganzen Linie der Aufbruch gegen das Kurfürstenth um, das hier militärischen Schutzes so gut wie völlig entbehrte.
Obrist Ulfeld führte seine Schaar aus der Duxer und Brüxer Gegend durch den Graben-Pass in Feindesland. (26) Noch am 4. August (a. St.) erschienen ein paar Compagnien vor dem Frauenstein und fielen ihn an.
Es gab einen grossen Schrecken, als noch Abends zwischen sieben und acht Uhr der Landknecht zum Frauenstein mit grossem Geschrei reitend nach Freiberg kam und meldete, wie das kaiserliche Kriegsvolk in das Städtlein eingefallen sei, die Thore hinter sich verrammelt, und das Schloss umrannt hätte, mit Begehren, man sollte sagen, wo der Edelmann hinkommen. Als Bericht gethan, dass er vor zwei Stunden von dannen nach Freiberg geritten, und sie solchem nicht Glauben geben wollen, wären sie ins Pfarrhaus gefallen und den Grund von dem Pfarrer wissen wollen, welcher aber schon nebst seinem Weib an der Pest krank gelegen. Dennoch von ihnen ergriffen und gemartert worden, also dass man ihn heraussen vor dem Städtlein schreien und brüllen hören". (27)
Tags darauf, den 5. August (a. St.), Morgens ungefähr um acht Uhr, zeigte sich ein feindlicher Reitertrupp (,mit 3 Standarten) vor Freiberg, bei den Münzbacher Schmelzhütten. (28) Freiberg befand sich in wenig vertheidigungsfähigern Zustand. Denn es fehlte nicht nur an Kraut und Loth, sondern auch an commandirtem Volk; die Bürgerschaft aber wusste der Musqueten und sonst mit Schiessen keinen rechten Bescheid. Auch war ein solcher Mangel an Brod in der Stadt, dass bei einigen Bäckern nicht für einen Gr. zu bekommen. Gleichwohl dachte man an Widerstand. Als von Seiten der Bürgerschaft etwa 30 Pferde und etliche Musquetiere zur Recognoscirung ausrückten, erschien der ganze Schwall des Feindes ungefähr 18 gezählte Truppen, so etzliche auf 1500, etzliche aber 2000 geschätzet. (29) Die Freiberger sahen sich von der Uebermacht angegriffen und hatten Mühe, sich, freilich nicht ohne Verlust, in die Stadt zurückzuziehen. Obrist Ulfeld stellte seine Truppen unter den Lerchenberg in Schlachtordnung und schickte um 11 Uhr einen Trommelschläger, um die Stadt im Namen Holcks zur Uebergabe aufzufordern. Bevor er noch vom Rath wieder abgefertigt war, erschien noch ein Trompeter, der auf definitive Resolution drang: die Stadt in der Güte aufzugeben; hinzufügend, dass, da solches nicht geschehe, der Obrist Ulfeld von dem General Holcken befehligt wäre, die Stadt mit Feuer zu verderben. Die Antwort des Raths war: man wäre dem Kurfürsten von Sachsen mit Eid und Pflicht verwandt, ohne dessen Vorbewusst und Einwilligung man deshalb die Stadt nicht aufgeben dürfe. Man bitte um drei Tage Frist und Bedenkzeit, sich inmittelst bei dem Kurfürsten Bescheid zu erholen". (30)
Mit ihrer wackeren Erklärung erreichte die Stadt, was sie wünschte. Ulfeld, der sich vor ihr nicht lange aufhalten durfte, brach, fünf Bürger gefangen mit sich führend (31), noch am Nachmittage auf. Der Marsch ging auf der Chemnitzer Strasse durch den Spittelwald zunächst auf Oederan. Voran die Croaten unter Obrist Daniel Beygott, eine fast längliche Person mit einem rotbgülbligten Barte, so doch gut Deutsch geredet hätte.
Ulfelds nächstes Ziel war das von der Pest schon inficirte Chemnitz (32). Noch um Mitternacht (5./6. August) kamen die Croaten bis nahe vor die Stadt, am folgenden Morgen (Dienstag 6. August a. St.) erschienen,etliche kaiserliche Standarten Kriegsvolk in Reiterei unter den Wällen und haben die Stadt feindlich angeblasen und aufgefordert.
Der ganze Rath bestand nur noch aus sechs Personen (die übrigen hatten sich, gleich vielen der vornehmsten Bürger, aus Furcht vor dem feindlichen Einfall flüchtig von dannen gemacht), die sich, da sie die Stadt nicht gar vollend wollten einäschern und mit Feuer und Schwert vertilgen lassen (33), an das Stadtthor begaben, es öffneten, dem Feinde auf sein Begehren die Thorschlüssel überantworteten und den Obrist Ulfeld, Obristwachtmeister Lorusen nebst etlichen anderen Officieren und 3 Compagnien zu Ross einliessen und ihnen Quartier gaben. Worauf gedachte Soldatesca diessen Abend und folgende Nacht in der Stadt logirt und die meisten Häuser geplündert.
Kurz vor Mitternacht wurde dem Rathe von dem Obristwachtmeister mitgetheilt, dass von Holck Befehl gekommen wäre, schleunigst fortzumarschiren und eine Garnison von 20 Mann in der Stadt zu lassen. Zum Pfande, dass man derselben die nöthige Verpflegung geben und sie nicht beleidigen würde, habe er Befehl, den ältesten und jüngsten aus dem Rath als Geisel nach Kriegsmanier gefangen mit hinweg zu führen. Man fügte sich, und so wurden denn Cornelius Hörnig und Matthes Heinrich alsbald in fleissige Wache genommen und am folgenden 7. August (a. St.) früh nebst dem Stadtschreiber M. Matthes Ströern, obschon dann doch keine Garnison in die Stadt gelegt wurde, hinweggeführt. Dass also zu diesem Mal unser noch viere im Regiment und Rathstuhl verblieben.
Bald nach dem Aufbruch der ulfeldischen Mannschaft - am 7. August (a. St.) zwischen 9 und 10 Uhr - erschien Obrist Beygott mit seinen Croaten. Wie er während eines längeren Aufenthaltes der Stadt zusetzte, verdient ausführlicher erzählt zu werden. Die ersten paar Tage lagerte er, weil es in der Stadt der Sterbensgefahr wegen gar zu unsicher war, vor dem Johannisthor, dann rückte er wegen der Infection ferner herum vor das Nicolausthor, da man der gesammten Soldatesca zu leben aus der Stadt, was noch vorhanden, anschaffen und hinausbringen musste. Nachdem das eine Reihe von Tagen gedauert hatte, erschien Sonntag, den 11. August (a. St.), Vormittag zwischen 9 und 10 Uhr, ein Oberlieutenant mit einem Cornet Croaten in der Stadt auf dem Markte, und machte dem Rathe und der zusammengeforderten Bürgerschaft Anzeige, dass Obrist Beygott mit seiner ganzen Soldatesca in der Stadt bei den Bürgern Quartier machen wolle. Und sollten wir uns allerseits nur gütlich dazu bequemen und keine Entschuldigung und nichtige Ausrede vorwenden; wollte aber die Einquartierung abgeschlagen und versaget werden, so sollte man eilend eine Contribution unter der Bürgerschaft anlegen und für die Einquartierung 2000 Thaler semel pro semper geben., Worauf wir - lautet der Rathsbericht - nach kurzem Abtritt und Berathung mit der Bürgerschaft, so nicht wohl an hundert Mann gewesen kürzlich in schuldiger Reverenz geantwortet und gebeten, gnädigste Verschonung einzuwenden, weil wir nunmehr eine ausgebrannte, verheerte, ausgezehrte, verwüstete, geplünderte, ausgestorbene und ruinirte Stadt, und wenige Wohnungen hätten, und also nichts mehr übrig, denn das blosse, elende, kümmerliche und geängstete Leben, derowegen die Einquartierung aufzunehmen und auszustehen unmöglich. Baten demnach um Gottes willen, uns mit erbarmenden Augen anzusehen und bei einer leidlichen, erträglichen Contribution zu lassen.
Der Oberlieutenant ging darauf. ein und erklärte, er verhoffe bei dem Herrn Obristen es bei 1.000 Thlr. zu erhalten, so er folgenden Morgen früh um 7 Uhr auch von uns wollte gewärtig sein.
Aber trotz alles Bemühens gelang es doch nicht, mehr als 300 Thlr. unter der Bürgerschaft zusammen zu bringen, weil der meiste Hauf schon geplündert gewesen. auch ihrer viel die Sterbensnoth im Hause gehabt. Als daher am 13. August (a. St.) die Kaiserlichen mit höchster Bedrohung forderten, die 1.000 Thlr. binnen zwei Stunden zu zahlen oder schleuniger Einquartierung und militärischer Execution zu erwarten, eilten die Rathsherren und die Bürgerschaft in höchstem Schrecken aufs Rathhaus und haben den. übrigen Mangel zu solchen 1.000 ThIr. aus der Unmündigen Laden, was an Baarschaft gerichtlich deponirt und noch vorhanden gewesen, alles herausgenommen, und also an Gold, Silberwerk und Münze solche Summa aufgebracht, ausgezahlet und überantwortet.
Damit noch nicht genug! Am 15. August (a. St.) zu Mittag kam auf eilender reitender Post ein kaiserlicher Quartiermeister von Rittmeister Trost von Zwickau an, mit Schreiben: sie sollten ihre beiden gefangenen Rathspersonen sammt dem Stadtschreiber mit 600 Thlr. ranzioniren. Die Bürgerschaft schützte wieder die Unmöglichkeit vor, doch der Rath schoss etwas vor, das übrige trieben die Frauen und Freunde der Gefangenen auf, so dass am Abend um 6 Uhr der Quartiermeister mit der verlangten Summe abzog. Doch waren dann gleichwohl die Geiseln noch am 28. August (a. St.) nicht wieder in Freiheit gesetzt.
Endlich am Dienstag den 20. August (a. St.) schien die Stadt von dem lästigen Feinde erlöst werden zu sollen. Beygott liess am Abend dieses Tages die drei Rathsmitglieder (der vierte, Hans Rüdel, war krank) und zwei bürger (Paul Kefen den Aelteren und Georg Engelmann) vor sich fordern und eröffnete ihnen, dass er von Holck Ordre erhalten habe, mit unterlassung einer Garnison von 20 Mann abzuziehen und statt der restirenden 1000 Thlr. Contribution zwei oder drei Personen aus dem Rathe und der Bürgerschaft mitzunehmen; wählet hierauf, ungeachtet des flehentlichen Bittens und ander wichtigen Entschuldigung Zacharias Nefen, den Stadtrichter, und Georg Engelmann aus der Bürgerschaft, lässt sie beide zu Pferde sitzen und nimmt sie in Mitternacht zusammt der Soldatesca schleunig mit hinweg".
Wenig später, am 22. August (a. St.) Vormittag, kam Obristlieutenant Michael Novachvo mit 100 Pferden wieder an und wies Befehl zur Commiss der Soldaten und absonderlich für seine Tafel vor; so man auch angeschafft. Wieder ein paar Tage darauf (Sonntag den 25. August [a. St.], abends um 9 Uhr) forderte derselbe von dem Vicebürgermeister Friedrich Ströern, ihm zum Abzuge noch 200 Dukaten zu zahlen, oder sollte abermaln aus dem Rathe oder Bürgerschaft einer mit hinweg genommen werden. Die beiden noch übrigen Rathspersonen, Friedrich Ströer und Michael Richter, nebst drei Bürgern eilten um Mitternacht aufs Rathhaus, brachten an allerhand kleiner Münzen und anderen Sorten 100 Thlr. zusammen, dass also nunmehr in diesen dreien Malen 1.700 Thlr. ausgezahlet und hinweggenommen worden sind".
Nun seien sie - klagt der zusammengeschmolzene Rath am 28. August dem Kurfürsten - der kaiserlichen Soldatesca zwar wohl erledigt; gleichwohl aber wills bei der bisher gezahlten Summe zur Contribution und Ranzion nicht verbleiben, sondern ist gestern der gefangene Georg Engelmann aus dem Quartier Klein Rimersdorf anheim kommen und bringet uns diese Zeitung mit, dass wir für den Stadtrichter Zacharias Nefen und seine Person 800 Rchsthlr. innerhalb 8 Tagen nach Kaaden in Böhmen unfehlbar anschicken, oder ferner gewarten sollten, dass sie beide in Arrest und als Gefangene verbleiben. Diese Summe aber sei ihnen aufzubringen unmöglich, alldieweil übers Jahr, ausgenommen wenig Wochen, die Kriegsnoth und nahe an die 20. Einquartierung wir ausgestanden, dadurch alles verheeret, verzehret, ausgesogen und geplündert worden; so ist auch die Stadt ausgebrannt und bis auf wenig Leute ausgestorben; die Infection hält noch täglich an und schleichet immer fort; alle Handwerke, Handlungen und Gewerbe liegen zu Boden, der meiste Hauf unter uns leidet Hunger und Kummer, Angst, Noth und Jammer; das Getreide im Feld verdirbet und kann wegen Mangelung der Arbeiter und Pferde nicht eingebracht werden. Und hat also leider, Gott erbarm es, die Stadt Chemnitz nicht mehr, denn noch ihren alten Namen, die Bürgerschaft ist bis auf wenige noch halb lebende Leute dahin, der Vicebürgermeister hat sich gestern in gleichen krank niedergelegt; im Regiment und Rathstuhl ist (es) bis auf eine Person als Michael Richtern kommen, so anjetzo diese schwere Last allein tragen und verrichten soll. Es ist weder Wein, Bier noch Salz mehr vorhanden, wird auch der Unsicherheit halben nichts zugeführet, viel kranke Leute müssen wegen Mangelung eines Trunkes aufm Todtenbette verschmachten und elendiglich dahin sterben; und ist leider, Gott erbarm es, die Noth noch nie so gross und die Saiten so hoch gespannet gewesen (34). - Wie die Stadt Chemnitz selbst, so wurde auch die Umgegend in weitem Umkreis von Beygott in Contribution gesetzt (35). Eine darauf bezügliche Verordnung für Amt Augustusburg lautet:
Denen Amtsunterthanen Augustusburg wird angedeutet, dass sie sich zur Contribution gefasst machen; nämlich von einem Hofe 2 Thlr., sonsten werden sie mit andern Mitteln gleichfalls wie vorm Jahr mit dem Corpes (36) heimgesucht werden. Welches ich zur Nachrichtung habe vermelden wollen.
Datum im Quartier zu Chemnitz den 28. August 1633 (n. St.).
Der röm. Kaiserl. Maj. Obrister zu Pferd (L. S.) Daniel Beygott, Obrister.
Während die Stadt Chemnitz und das Land rings umher der Discretion eines Croatenführers überliefert wurde, hatte Obrist Ulfeld seine Truppen am 7. August (a. St.) früh mit Sonnenaufgang weiter auf Zwickau geführt, um sie mit Holck zu vereinigen.
Zur Linken hatte indess Hatzfeld mit seinen Truppen seinen Zug von Eger aus über Adorf und Hof nach Oelsnitz, Plauen und Weida ausgeführt. (37) Zum Hof, Wunsiedel und der Orten haben sie alle Thor zerhauen und zerbrochen, dass keine Stadt mehr versperret sein soll. (38)
Am 5. August (a. St.) zu Mittag rückten die Hatzfeldischen von Adorf gegen Oelsnitz an, legten sich unmittelbar bei der Stadt hinter den Pfaffenberg, während etzliche Reiter sich sofort in die Stadt einquartierten. Auch um das Haus Voigtsberg lagerten sie sich. Nach sehr langen Verhandlungen, bei denen erbitterte Reden fielen, capitulirte die Besatzung auf freien Abzug mit allen militärischen Ehren (6. August a. St.). (39) Hatzfeld rief, einziehend, aus: Was man doch in diesem Rattennest so lange gemacht? Nichts als die croateri herein gelocket; er wollte es nicht so würdig achten, dass er einen einzigen Mann darinnen liesse", - und steckte das Schloss in Brand.
Dann gings nach Planen. Virgilius Ebardt, Organist daselbst, berichtet: (40)
Die ganze Armee wurde in die Stadt geführet, das aller verborgenste gefunden; im Amthause haben sie sehr übel gehauset, alle Betten fast, so in der Amtstuben und im Gewölbe gelegen, aufgeschnitten und ausgeschütt; es liegt in der Stüben und Gewölbe, dass es eine Schande ist. In Summa: jederman muss sagen, es ist Krieg, und das hat der Feind gethan. Die Leute sind sehr beschädiget und theils gar todt. Herr Martinus Schwanberger, intimus Diaconus, so ohne das etwas übel auf gewesen, und von ihnen übel gehalten, ist gestern auch gestorben. Es hat (wo Gott nicht hilft) in allem ein übel Ansehen. Heute befahl der Obrist Adelshoffen ganz ernstlich, dass die Stadt hinfüro ganz ohne Thor sein sollte, und hat er selbsten durch die Soldaten die Pallisaden von dem Neundorfer und Brückenthor, so anjetzo mit grossen Unkosten gebauet und kaum fertig gewesen, einhauen und verbrennen lassen; die andern sollten durch die Bürger wie auch das Schlossthor weiter gemacht, abgehauen und niedergeworfen werden, da aber die Stadt wieder zugehalten würde, wollte er sie in Brand stecken, und sollten alle Einwohner niedergehauen werden; sonsten sollten sie sich weiter ganz nichts böses befahren, sondern in Gottes Namen schneiden, einerndten und ausdreschen, auch von ihm von Zwickau aus Bescheids erwarten, was die Stadt sammt denen von Adel und den Landen wöchentlich an Getreide einschicken sollten; und sollte jederman ihm (sich) keine andere Rechnung machen, dann dass es alles eine Strafe von Gott dem Allmächtigen um unser Sünde willen sei. Drei Mal ist auch Feuer auskommen als zu Mitternacht in des Obersten Quartier und als er heut aus der Stadt zog, beim alten Sommer und seinem Nachbar.
Dazu ein anderer anonymer Bericht vom 7. August 1633 (a. St.):
Dem Herrn berichte ich hiermit, dass ich, als ich gegen Plauen kommen, niemand gesehen noch gehöret, so bin ich an die Stadt gangen, die Thoren offen befunden, welche alle ausgebrannt gewesen; die Schanzen, so vor der Stadt gemacht sind ruinirt, und die gesetzte Stacketen alle verbrannt; ein Thor ist vor diesem von den Unserigen verschüttet worden, das hat der Commandant den Plauischen befohlen zu öffnen, und weg zu thun, und der andern Thoren keines wieder zuzumachen noch zu bauen; da sie es anders befänden, sollten sie sehen, wie mit ihnen gehauset werden sollte. Einen Pfarr haben sie niedergehauen und einen Bürger dermassen gerattelt, dass er sterben müssen, sonst etzliche Personen beschädigt. Heut früh ist alles Volk, so in der Stadt und ausserhalb gelegen, fort nach Reichenbach marchiret. Als sie aber fortgezogen, sind sie der Intention gewesen, die Stadt in die Aschen zu legen, auch die Garküchen und noch ein Haus schon niedergebrannt. Weil aber das Volk mit einander zugleich bald aufgebrochen, ist es von den Bürgern (derer zwar wenig vorhanden gewesen) wieder gelöschet. Auf Seiten sind keine Truppen ausgeritten, sondern alle in ein einigen March gangen, aber wo sie zu kommen, haben sie desto übeler gehauset". (41)
Der Marsch ging über Mylau Reichenbach, Neumark auf Werdau und Zwickau; unterwegs wurde übel an Menschen gehauset, viel Vieh mitgenommen, das Getreide verderbet, wie auch in Ober-Mylau die sämmtlichen Bauershöfe sammt dem Vorwerk, dann im Dorf Schönberg etzliche Häuser, so wohl das Schloss und Kirche zu Neumark in Brand gesteckt. (42)
Eine Abtheilung Reiterei von 200 Mann kam am 9. August (a. St.) Nachmittags nach Weida ; (43) sie wusste sich Einlass zu verschaffen und begab sich sofort auf das kurfürstliche Schloss, das sie an 6 Enden in Brand gesteckt und alle die schönen Gebäude desselbigen, bis auf wenige Gemach so auf der rechten Hand im Eingange des Hofes über den Pferdeställen und neuen Küchen stehen, ganz abgebrannt und eingeäschert. Darauf haben sie sich wieder hinab in die Stadt gemacht, und allda erst die magdeburgische tragediam recht angefangen, indem sie etzliche Manns- und Weibspersonen darnieder gehauen, viel übel beschädiget und theils gefangen mit weggeführet, alle Häuser und Gemächer ausgeplündert und darnach an vielen Orten, die Stadt mit Feuer angestecket (44) ... Nach verbrachter solcher teuflischen und tyrannischen That haben sie sich wiederum auf ihre Pferde gesetzet, vor der Stadt aufgewartet und Aufsicht gehabt, dass niemand dem Feuer wehren und löschen möchte. Da dann die neue und alte Stadt zugleich in heller Gluth aufgegangen, und in solcher Kirchen und Schulen, Rath-, Brau- und alle andern Wohnhäuser bis auf etzliche wenige Tagelöhnerhäuslein, so ausserhalb und in Winkeln gestanden, benebenst zweien Freihäusern, so nicht in die Stadt gehören, verzehret und in Grund eingeäschert worden. Da sie nun gesehen, dass ihr teuflisch Vorhaben nach ihrem Wunsch fortgangen, haben sie sich wieder nach Crimitzschau, daher sie zuvor kommen, gewendet. Und weil sie von der Bürgerschaft vor dem Anzünden ganz nichts von Gelde oder sonst etwas begehret, als ist zu vermuthen, dass sie nur anhero das Schloss und Stadt in Brand zu stecken und ihre Tyrannei an der armen Bürgerschaft zu verüben, commandiret worden sind.
Gleichzeitig mit Ulfeld und Hatzfeld war am 4. August (a. St.) Holck selbst von Joachimsthal aufgebrochen und hatte den Weg auf Schwarzenberg durch den engen und bösen Pass heraus in Meissen genommen. Es war der Rittersgrüner Pass, der einen Bach entlang vom Gebirge auf Schwarzenberg führt. Christian Lehmann, damals Pfarrsubstitut in dem benachbarten Annaberg, schrieb in seiner Kriegschronik: Er ist enge, bergicht, theils morastig und wild, 4 Stunden lang über rauhen Wald zu passiren und durch die Rittersgrün wegen der Felsen und unebenen Strasse von Krümmen und Steinen so schwer zu fahren, dass sie an Stücken und Munitionwägen viel zerbrochen und in Crandorf einen ganzen Tag daran bauen und schmieden müssen. Woher nichts unmögliches gewesen, mit 3.000 Mann in solcher Enge die ganze Armee aufzuhalten und mit 100 Mann den verhauenen Pass zu defendiren, wo Gott nicht mit Blindheit und Sicherheit gestraft hätte. Den Abend zuvor haben die Leute in Rittersgrün und Bohnfeld auf zwei Hochzeiten getanzt und gesprungen, die Grundtuer Gäste in Wirthshäusern gezecht und gesungen und die Bohnfelder vom Feind nichts eher erfahren, bis den 4 August schon etzliche 1.000 zu Ross vorbei marschirt gewesen, da doch sie kaum eine halbe Stunde von der Strasse liegen. (45)
Stadt und Amt Schwarzenberg wurde vollständig ausgeplündert, auch im Amthause an den Rechnungen, Amtsbüchern und Acten alles zu Schanden gemacht und also gehauset, dass es der Türke nicht ärger machen könnte. So der Schösser zu Annaberg; und der dortige Pfarrsubstitut: Auf ihrem Marsch wütheten die Kaiserlichen ärger denn die reissenden Wölfe, die doch grimmig genug sind in diesem Gebirge. Da wurden alle Kirchen aufgehauen und geplündert, die Weibsbilder geschändet, die Männer gerädelt, die Häuser niedergebrannt, die Betten ausgeschüttet und alles zernichtet, dass es mit der Feder nicht grausam genug kann beschrieben werden". (46)
Von Schwarzenberg, wo zur Bewachung des Passes auf dem Schloss eine ziemlich starke Besatzung zurückgelassen wurde, ging der Marsch auf Aue, Schneeberg und Zwickau.
Auch über ihn liegt (im Dresdner Archiv) eine ganze Reihe einzelner Berichte aus den von ihm berührten Ortschaften vor. Ich greife folgende heraus.
Zum Schneeberg haben sie übel gehauset, den Häusern wohl zehen Mal geplündert, alles Volk, so gestern da kommen, haben sich keine Rotte über 2 Stunden aufhalten dürfen, sein von dem Commandeur immer fortgetrieben nach Zwickau, da sie dann nicht in die Stadt, sondern immer vorbei ziehen sollen. Heut bis zum Mittag ist zum Schneeberg niemand kommen, zu Mittag aber hat sichs angefangen, etwas abgestiegen, ein Trunk gethan und immer fort, da es dann gewehret bis Abends 1/2 7 Uhr, als man gewiss meint ein 2.000 Mann durchgangen. Wo sie zukommen, plündern sie, aber den Leuten am Leben thun sie nichts.
Dazu ein anderer Bericht "vom Neidhardsthal den 10. August" (a. St):
Gestern ist niemand sicher gewest, die Kayserischen haben allenthalben die Wälder ausgejaget ... das Vieh weggetrieben; hat sich kein Mensch dürfen erwischen lassen, haben sie gehauen und zugericht, dass es zu erbarmen. Alles Volk sammt viel Pagagiwagen und Tross ist gestern fort, sind bis in die Mitternacht gezogen; heut früh ist kein einziger Soldat zu Schneeberg mehr gewest; zum Mittag aber viel Volk wieder ankommen, so hoffentlich auch fortziehen wird. In der Aue haben sie die Kirche, Pfarr und Schulhaus auch des Rachhalsen stattliches Haus, zu Neustadt 6, zu Geyssbach eines weggebrannt."
Die meisten Städte zwischen Zwickau, Chemnitz und dem Gebirge wurden von Soldatenabtheilungen heimgesucht: (47) Werdau, das die Kaiserlichen ganz ausplünderten, und wo sie die Rathspersonen und sonderlich Bürgermeister Sausen mit Radeln heftig martertena; (48) Stolberg, das von einem Reiterhaufen erst gebrandschatzt, dann doch in Brand gesteckt wurde. Mehrere Rathsherrn, die kurz zuvor das Geld geschafft hatten, wurden mit Stroh verbrannt. Aehnlich gings in den Städten und Aemtern Marienberg, Wolkenstein, Annaberg (49) ähnlich ringsumher.
Der Eintritt in das von der sächsischen Besatzung verlassene, von der Pest bereits stark mitgenommene Zwickau (50) wurde Holck nicht erschwert. Auch hier kam es zu Räubereien, Plünderungen, auch ein paar Brandstiftungen, wie es der Krieg mit sich brachte. Wir lesen manche Klage von Zwickauer Bürgern über den Verlust ihrer Habe, aber nicht eine über blutige Gewaltsamkeiten der Kaiserlichen. Von langem Aufenthalt in der Stadt konnte der Pest wegen nicht die Rede sein. Die Cornets und Standarten, welche die Besatzung zurückgelassen hatte, nahm Holck in Beschlag und sandte sie an Wallenstein, seine ganze Bagage verlegte er in die Dörfer um die Stadt, und liess zu ihrem Schutz eine Abtheilung von 500 Pferden zurück; denen leicht wäre abzubrechen gewest, meint der Schösser Salomon Gerhardt.
Ueber das Schicksal Zwickaus besitzen wir von einem gewissen Wolfgang Ferber ein langes Poem (8 Bl. 40.). Wie aber vom Erhabenen zum Lächerlichen nur ein Schritt ist, so führt dieses Werk den Titel:
Der berupfte Schwan Oder Andern Theil von Verzwickten Zwickaw
In welchem erzehlet wird, wie Anno 1633 Die Pestilentz doselbst so hefftig grassiret, dass nicht genug davon zu sagen oder zuschreiben ist, und wie, als die Seuche am hefftigsten angehalten und das Sterben am grösten gewesen, der Kayserliche General Heinrich Holcke die Stadt Feindlicher weisse eingenommen,
Beschrieben durch Wolffgang Ferbern.
Gedruckt zu Zwickaw, bei Meichior Göpnern Anno 1642.
Aus der Widmung an den Kurfürsten, gegeben in den sehr Verzwickten und Bezwackten Zwickaw erfahren wir, dass der Poet schon 1633 einen ersten Theil des "verzwickten Zwickau" dem Kurfürsten dedicirte.
Gleich zu Anfang erzählt er
Dass, wie die Pestilentz am heftigsten grassiret,Und wie dann diese Cadaverpoesie weiter geht. Es ist hervorzuheben, dass von Excessen und Schandthaten des Feindes, die doch der Muse dieses Poeten ein nicht minder lohnender Vorwurf als die Gräuel der Pest sein mussten, nichts in der langen Reimerei sich findet.
Was es Holck nunmehr galt, war die Occupation der Stadt Leipzig, unter deren Thoren sich alle drei Colonnen vereinigen sollten. Dass es Leipzig gelte, war bald bekannt; sehr früh schon wird in den Briefen und Schreibensextracten davon geredet.
Holck schrieb später über diese Erweiterung seines Plans an Wallenstein: Nachdem ich etwas wegen der Artilleria aufgehalten worden, habe ich, weil der Feind noch nit zusammen, um ihn mehr so viel (zu) divertiren und vorzukommen, dass ich entweder im Gebirge nicht Noth leide oder um Zwickau und die Oerter wegen der Pest, so allgemach angefangen unter der Soldatesca einzureissen, mit der Armada Schaden litte, weiter avanciret, und durch Altenburg auf Leipzig meinen Marsch genommen.
Aus Altenburg haben wir über das Erscheinen der Kaiserlichen auf ihrem Marsch nach Leipzig sehr lebhafte Klagen.
Mit Wahrheit berichte ich aus hochbetrübtem Gemüthe, dass wir allhier in Altenburg nunmehro ganz elende, verlassene und betrübte Leute sind. Wir leiden Mangel an Brott, Salz, Wasser. Apothek und Licht etc., und muss das Getreide auf dem Felde verderben. Wir wurden an der Mittwoch gegen Abend überfallen, des Holken Volk kam ausm Joachimsthal, Breda über von Eger, Plauen, Reichenbach. Krimitsch, ingesammt 4.000 Pferde; da ging alsobalden die schreckliche Plünderung an allenthalben. In welchen Häusern niemand vorhanden, denen haben sie zehn Mal so arg mitgefahren; wo Bier in Keller gewesen, ist dasselbe weggelassen worden; der Hausrath zerstümmelt auf die Gassen geworfen und zertreten. Die andern Obristen sind gewesen Piccolomini, Hatzfeld, Orosins, ein Bischof von Bamberg oder Würzburg und dessen Bruder, General-Proviantmeister Lippoldt. In der Bartholomäikirchen ist grosser Schaden geschehen; die Kelche und silbernen Kannen sind weg, die Orgel zerstümmelt; ans des Kirchners hause ist auch ein Kelch. zur Brüderkirchen gehörig, weg; das Schloss, Canzlei, Renterei, Consistorium, Amtshaus ist gestern wieder aufs Neue erbrochen und alles heraus genommen und verworfen worden. Die schöne Tafel aufm Altar in der Schlosskirchen ist auch weg. Das Rathhaus ist noch unangetastet, dafür und dem Kloster salva quardia, welche zu halten nicht ein geringes kostet, und sind keine Mittel. Gewiss ist, dass der ganze Marsch auf Leipzig gangen, daraus man zwar gestern und vorgestern hat hören stark schiessen; und sagen die Soldaten ohne Scheu, sie wollten mit ihnen ärger, als mit Magdeburg umgehen; man würde auch allla anfangen, die Stadt mit Feuer anzugreifen und in Grund zu verderben. Sie geben vor, als wann sie 25.000 stark; einer aber sagte mir gestern In Vertrauen, er wüsste gewiss, dass nur 15.000. Vergangen Nacht ist nach Truppen viel Volk hierdurch gangen, und sonderlich Markentender. Heut früh zogen Compagnien zu Ross in Eil durch, ungefähr 100 Mann mag noch etwas zurück sein, ob und wie ich kann um nicht wissen. Was für Schaden hin und wieder ergangen, ist nicht zu beschreiben; man kann auch nicht sicher über zwei oder drei Häuser auf der Gassen gehen, man wird gefangen mit weggeführet und angetastet; sitzen also noch in äusserster Gefahr. Gott helfe uns! Diejenigen, so uns schützen sollen, sind ausgerissen; Herr D. Hunnius (so an fünf Orten geplündert) hat viel gethan. Ein Jesuit, so bei Herr D. Mercken unserm Syndico einquartirt, hat nicht anders sich wollen bereden lassen, als sei er der Superintendens; deswegen er ihn, so ohne das unpass, von etzlichen Soldaten übel tractiret, dahero der Sohn des Nachts entspringen müssen. Gestern frühe hat man ihn, dass er ganz todt geschlagen, gefunden. Es ist auch gestern gestorben Herr B. Johann, Andreä Nicolai Weib, Jochim Löber und viel ander mehr. Wohl in die hundert Leichen sind anitzo zu begraben, weil gestern und vorgestern niemand hat begraben werden können. Vorgestern ist auch dem Lazaristen das Pferd, so die Leichen hinaus geschafft, auch gestohlen und dessen Wärter entlaufen. Jetzo hat man mit grosser Mühe ein anderes geschafft. Gestern vor Mittage sind vier Feuer in der Stadt aufgangen, aber alle, Gott lob, bald gelöscht worden, nur ein Häuslein zu UnterPeriz ist ganz abgebrannt, und müssen wir uns dergleichen noch mehr besorgen, dann die Soldaten uns öffentlich Rebellen und ihre Feinde nennen; haben auch etzliche vorgeben, dem Holcken sei unser Fürstenthum verehret, dess er sich bald bemächtigen wollen. Gott sei uns gnädig. Wo Leipzig nicht Entsatzung bekommt, dürfte es auch mit ihr aus sein; zwar man sagt, haben sie viel Handwerksgesellen angenommen und jedem 10 Thaler auf die Hand geben.