1803
Mandat gegen die Bettelei


Dresden 1803 gedruckt
Original im Kirchenarchiv Krumhermersdorf

Nachdem zu Abstellung des überhandnehmenden Bettelwesens, am dienstlichsten befunden, Arbeitshäuser anzulegen, in welchen insonderheit die im lande umherziehenden bettler zur Arbeit und Beschäftigung angehalten werden können; so haben Ihro Churfürstl. Durchl. dermalen zuvörderst in dem Lepziger Creyße die Schloßgebäude zu Colditz zu einem dergleichen Hauße einrichten, auch zur Erbauung und Einrichtung eines zweyten Arbeitshauses im Thüringischen Creyße Anstalt treffen laßen.

  1. In diese Arbeitshäußer, für jetzt aber, bis das im Thüringischen Creyße eingerichtet seyn wird, vom Monat August dieses Jahres an, in das zu Colditz allein, sollen aus den sämtlichen Sieben Creyßen, mithin auch aus dem hiesigen Orte alle Inn- und Ausländer abgeliefert werden, welche sich als herumschweifende Bettler betreten laßen, ingleichen diejenigen, welche innerhalb ihres Wohnortes oder in der Nähe desselben in andere Gerichte dem Bettlen nachgeben und sich, auch nach obrigkeitlicher Bestrafung, deßen nicht enthalten haben.
  2. Den Unterthanen liegt ob, herumschweifende Bettler, sie mögen gefunden werden, wo sie wollen, der Obrigkeit des Orts ungesäumt anzuzeigen.
  3. Hiernächst sollen die Straßenbereuter, die Gerichtspersonen jeden Orts, die Armen-Aufseher, die Dorfwächter und alle andere Polizey-Bediente die herumschweifenden inn- und ausländischen Bettler anhalten.
  4. Solche angehaltene Bettler sind entweder sogleich in das Amt, in dessen Bezirke sie betroffen werden, oder an die Gerichtspersonen des nächsten Dorfes, oder, wenn sie in einer Stadt angehalten werden, an die Obrigkeit dieser Stadt abzugeben.
  5. Die Dorfgerichtspersonen oder Stadt-Obrigkeiten haben alsdann einen solchen bettler sofort in das Amt, in deßen Bezirk sie selbst gehören, nebst demjenigen, was er, bey seiner Anhaltung, außer seiner notdürftigen kelidung, bey sich hatte, auf sichere Art einzuliefern.
  6. Wenn nun derselbe bloß als ein herumschweifender Bettler und nicht etwa ein zur Untersuchung und Strafe zu ziehender Verbrecher befunden wird; so läßt ihn das Bezirksamt unverzüglich in das Arbeitshauß von Amt zu Amt abführen.
  7. Die auf Ablieferung eines herumschweifenden Bettlers in das Armenhaus und auf seine Verpflegung aufgewendeten Kosten werden aus der Creyß-Armenkasse vergütet: und es erhält jeder Führer, der zur Ablieferung gebraucht wird, für die Meile 3 gl. Botenlohn; zur Zehrung für den Bettler aber auf dem Wege in das Arbeitshauß sind 3 gl. auf Einen Tag und Nacht bestimmt.
  8. Aus dem Arbeitshauße wird keiner entlassen, bevor er hinlängliche Beweise seiner Beßerung und Arbeitsamkeit gegeben hat. Auch werden Ausländer, bey ihrer Entlassung, mit einem Passe auf dem nächsten Weg nach ihrer Heymath gewiesen, oder, auf Kosten der Creyß-Armen-Caße, von Amt zu Amt über die grenze gebracht.
  9. Wenn die in ein Land-Arbeitshauß abzuführende Bettler Kinder bey sich haben; so werden diese an ihren WOhn- oder Geburtsort gebracht. Sind es aber Ausländer; so werden dergleichen Kinder einstweilen mit in das Arbeitshauß aufgenommen, und es wird für ihre verpflegung und Erziehung entweder daselbst, oder auf andere Art, wie auch, nach beschaffenheit des Alters, und der Kräfte, für ihren Unterricht und ihre Beschäftigung gesorgt.
  10. Da es auch, bey der Aufsuchung und Anhaltung herumschweifender Bettler, sowie anderer verdächtiger Personen, hauptsächlich und zuerst auf dei Prüfung ihrer Pässe anzukommen pflegt; so werden hiermit folgende Kennzeichen echter Pässe festgesetzt:

Es ist einleuchtend, wie heilsam und wohlthätig diese neue Anstalten dem Lande sind und künftig seyn werden. Denn durch Abstellung des bettelwesens werden die Landeseinwohner nicht nur von der bewschwerlichen Last der ungestümen bettler befreyet, sondern es werden auch auf solche Art manche grobe Verbrechen und boshafte Thaten glücklich verhütet, welche aus einer müßigen, rohen Lebensart gemeiniglich zu entstehen pflegen. Umso mehr wollen aber auch Ihro Churfürstl. Durchl. zu Ihren getreuen Unterthanen sich versehen, daß sie, durch genaue Befolgung der ihnen bekannt gemachten gesetzlichen Vorschriften, zu völliger Erreichung der bey den neuen Landes-Arbeitshäusern zum grunde liegenden ganz gemeinnützigen Absichten schuldigst mitzuwirken unabläßig bemüht seyn werden.