16.11.1990 Freie Presse, Steffen Neubauer
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Ein (Gülle-)Bach, der schon lange zum Himmel stinkt
Ist der Krumhermersdorfer Nesselgrund noch zu retten?

Umweltprobleme lassen mittlerweile wohl keinen mehr kalt. Daß auch unsere Erzgebirgslandschaft damit belastet ist, davon hat uns spätestens die Offenlegung der lufthygienischen Situation überzeugt. Da die Ursachen dafür beinahe historisch gewachsen sind, werden sie auch nicht in aller Kürze zu beseitigen sein. Aber gegen einen derartigen Umweltfrevel, von dem im nachfolgenden Leserbrief die Rede ist, sollte sofort und mit Nachdruck vorgegangen werden:

Keine 100 Meter von der neuen Schweinemastanlage der LPG (T) Krumhermersdorf entfernt steht ein Kuhstall älteren Baujahrs. Seit Jahren kommt es hier zur Abschwemmung von Mist und Gülle. Bereits vor Jahren gab es dazu schon Eingaben, Beschwerden und gar eine Gerichtsverhandlung. Geändert hat sich gar nichts. Obwohl Kreishygiene, Umweltschutz und viele andere Institutionen wußten, was dort vor sich geht. Wo sich früher Forellen, Bachneunaugen und anderes Getier in einem gesunden Bach tummelten, stehen Pilzsucher, Wanderfreunde und andere Naturfreunde jährlich mehrmals vor einer stinkenden Kloake. Auf Eingaben und Beschwerden gab es seitens der LPG stets nur eine Antwort: "Unsere Kläranlagen und Becken sind in Ordnung. Nur bei starkem Regen kann es zu einer gewissen Abschwemmung kommen."

Das alles betrifft das (noch) schöne Nesselgrundtal, wo Schlüsselblumen und andere seltene Pflanzen schon zum Aussterben verurteilt sind. Tote Forellen, dunkelgrünes Wasser mit stinkenden Schaumkronen gibt es hier nicht nur zwei- oder dreimal im Jahr. Man macht sich's einfach bei der LPG (T) Krumhermersdorf. Nach der Devise - Fleisch wollen ja alle essen - wartet man nicht einmal auf Regen oder eine Gelegenheit zum Abfahren der Gülle. Eine Pumpe und ein Feuerwehrschlauch tun es auch und verschaffen erst mal Luft. Zunächst nur ab und zu. Dann öfter - immer schön in den Oberlauf des Maibaches im oberen Nesselgrund.

Da es in unserem Ort leider keinen gibt, der unmittelbar für den Umweltschutz verantwortlich ist, bleibt die Pumpe seit Monaten gleich neben dem Becken stehen. Es ist nur bedauerlich für jene, die sich DAV nennen, im Betrieb arbeiten und in der Betriebsgruppe Angeln organisiert sind. Sie haben jahrelang den Bach elektrisch abgefischt und die letzten Fische, die noch im Bach verblieben (und damals bereits von Krankheiten befallen) waren, in andere Gewässer umgesetzt. Arbeitseinsätze, die völlig umsonst waren.

Dies ist nur ein kleines Beispiel, wie es läuft bei der LPG (T) Krumhermersdorf. Es werden Fasane ausgesetzt, um die Tierwelt unserer Landschaft zu bereichern. Keine Kosten werden gescheut für sauberes Wasser im Freibad. Auf einen asphaltierten Vorplatz am Verwaltungsgebäude können die Bauern stolz sein. Aber Schleusen und Kläranlagen werden ihrer Aufgabe schon lange nicht mehr gerecht Nicht nur bei Regen läuft die Gülle in die Klärgrube des Verwaltungsgebäudes. Auch die ist schon lange überfordert - so geht es ungeklärt talabwärts in den Dorfbach. Der Gestank reicht an schönen warmen Sommertagen für den ganzen unteren Ortsteil von Krumhermersdorf. Es kam sogar schon so weit, daß bei Verstopfung der Schleusen die Gülle durch Gärten und Kellerräume floß. Auch da gab es Eingaben und die gleichen Antworten: Ja, man hat etwas getan. Die Verstopfung beseitigt. so daß die Gülle wieder den gewohnten Weg in den Dorfbach nehmen kann. Selbst als im Dorfbach an einem Freitag Ende September Milch floß, staunte schon kaum noch einer. Bei uns ist eben alles möglich!

Anmerkung der Redaktion: Wir sind der Meinung, daß die LPG (T) verantwortliche Leiter hat, die zu diesen (schon fast unglaublichen) Zuständen Stellung nehmen sollten. Wobei eine Stellungnahme allein natürlich den Frevel an der Umwelt noch nicht wiedergutmacht ...

Zur Antwort der LPG