Freie Presse 11. Mai 1991
Nachrichten
seit 1990

Thema "30" kein Thema?
80.000-Mark-Loch in Krumhermersdorfs Gemeindekasse

Von unserem Mitarbeiter Hermann Doerffel

KRUMHERMERSDORF. Turbulent ging es zur Krumhermersdorfer Gemeindevertretersitzung zu, als das Thema "30" auf der Dorfstraße zur Diskussion stand. So einfach sind offenbar die Verkehrsprobleme auf der Dorfstraße nicht zu lösen. Zwar ist Straßenbau für die nächsten Jahre geplant, manch enge Kurve wird sich begradigen lassen - aber was ist bis dahin?

Vom Abgeordneten Gunter Kreusel kam der Vorschlag, bis dahin wenigstens die zulässige Höchstgeschwindigkeit im zentralen Teil des Dorfes einzuschränken - vor allem im Interesse der Schulkinder und älteren Leute. Wer vernünftig fahre, könne sowieso kaum schneller fahren. Mit seinem Vorschlag stützte sich der Abgeordnete auf eine Umfrage im Dorf: Zettel hatten in den Geschäften ausgelegen mit der Bitte, sich für oder gegen diesen Vorschlag auszusprechen. Es waren immerhin 72 Bürger, die die Einschränkung befürworteten, nur 46 stimmten dagegen.

Im Gemeindeparlament aber kamen harte Gegenargumente, die von der Forderung, nur komplexe Verkehrsmaßnahmen anzugehen, über die Frage nach der Kontrolle der Einhaltung dieser 30 km/h bis zur Feststellung reichten, daß dieses "Schneckentempo" den Motor ruiniere. Es vertreibe den Gewerbetreibenden die Kunden und es gäbe so etwas überhaupt nirgendwo. Das Abstimmungsergebnis (mit 12 Abgeordneten war man gerade noch beschlußfähig) verwies jene Beschlußvorlage in den dafür zuständigen Bauausschuß, um eine komplexere Lösung anzugehen. Beispielsweise auch an Fußwege, Parkverbotsbereiche und verkkehrsberuhigte Zonen zu denken.

Das schwierigste Problem war diese Vorlage keinesfalls - viel mehr Sorgen bereitete den Gemeindevertretern ein bedeutendes Loch im Haushalt. Von 80.000 Mark war die Rede, die zur Bewirtschaftung gemeindeeigener Gebäude und Anlagen fehlten. Kaum verwunderlich, wenn man das Verhältnis von Mieten und Unterhaltungskosten betrachtet - beim Mehrzweckgebäude (Zahnarzt, Arzt, Mangel) liegt dies bei etwa 1:4. Die Gemeindevertreter waren sich darin einig, daß man dennoch nicht einfach die Mieten auf das Vierfache erhöhen könne. Schließlich bekommt ein Arzt für die gleiche Arbeit von der gleichen Versicherung deutlich weniger, als in den Alt-Bundesländern gezahlt. Von den Einnahmen der privaten Mieter in diesem Gebäude ganz zu schweigen.

Bis zum Schluß der Sitzung war eine lange Liste von Einsparungsmöglichkeiten und unumgänglichen Ausgaben entstanden. Nun sind die Ausschüsse gefordert. Bis zur nächsten Sitzung sollen sie sich konkret zu Problemen wie Flächennutzungsplan, Investplan, Verkehrskonzeption und die weitere Nutzung der gemeindeeigenen Gebäude und Anlagen äußern. Einstimmig sprachen sich die Abgeordneten in diesem Zusammenhang dafür aus, daß jeder Ausschuß monatlich einmal zu tagen habe - das sei man seinen Wählern einfach schuldig. Vor der nächsten Zusammenkunft am 4. Juni will man sich im Ober- und Niederdorf zur Ortsbegehung treffen. damit jeder weiß, worauf es ankommt.