Literatur
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Dr. J.A.E. Köhler
Sagenbuch des Erzgebirges


Schneeberg/Schwarzenberg 1886
Der folgende Auszug wird in Werner 1991 zitiert

Einst hütete ein junger Hirte aus Lauterbach seine magere Herde bei der Ruine Lauterstein und legte sich auf den warmen, weichen Rasen, um sich zu sonnen. Schon wollte er zu Mittag eintreiben, als er ein Geräusch hinter sich hörte. Er sieht sich um und erblickt eine Jungfrau, groß und stark, in einer Kleidung, wie sie niemand mehr trägt. Sie ist damit beschäftigt, Laub zusammenzurechen. Freundlich kommt sie auf den Hirten zu, steckt ihm alle Taschen voll Laub und verschwindet, als er sich nach ihr umsieht. Voll Verwunderung und innerem Grauen treibt der Knabe eilig seine Herde nach Hause. Hier erzählt er bei Tisch von der Erscheinung. Dabei greift er auch in die Taschen, um das Laub vorzuzeigen. Aber welch ein Wunder! Die Blätter hatten sich in eitel Gold verwandelt.

Noch an demselben Tag gingen seine Leute in die Gegend der Ruine, um Laub zu rechen. Sie brachten ganze Säcke davon nach Hause. Aber es war und blieb Laub.

Der Hirtenknabe kaufte später das Lehngericht in Lauterbach. Aber die goldspendende Jungfrau hat auch er nie wieder gesehen.