Chronik
der Krumhermersdorfer Pfarrer


Original im Kirchenarchiv Krumhermersdorf. Abschrift durch C+H Doerffel.

1921 Kriegerdenkmal

Am Totensonntag 1921, am 20.11. nachm. 1/3 3 U. konnte ich das Kriegerehrenmal auf unserem Gottesacker zum Gedächtnis der vielen Opfer des Weltkrieges 1914 - 18 aus unserer Gemeinde feierlich kirchlich weihen.

1921 Brand im Gut Beyer

Am Abend desselben Totensonntags (20.11.1921) brannte die dem Gottesacker ganz benachbarte Scheune des Landwirts Max Beyer nieder. Das Gotteshaus war zwar in Feuersgefahr, wurdeaber durch Gottes Gnade vor Schaden bewahrt.

1922 Neue Glocken

Da im Weltkriege (1914-1918) 2 Glocken hatten abgeliefert werden müssen, ging der Kirchenvorstand und die im März 1922 neugewählte Kirchgemeinde-Vertretung energisch an die Schaffung eines neuen Bronze-Geläutes. Die Firma Pietzel in Radebeul wurde damit beauftragt. Die Herstellung und Lieferung der Glocken zog sich leider in die Länge. Die Preisgestaltung wurde infolge der furchtbaren Geld-Inflation immer schwieriger, denn das Papiergeld sank rasend schnell im Wert und in der Kaufkraft.

Nebenbei bemerkt: 1923 wurden bei derWährungsreform 10 Milliarden Papiermark einem Pfennig der Goldwährung gleichgesetzt).

Die Glocken mußten schließlich mit Naturalien bezahlt werden: mit Hafer, den unsre lieben Landwirte in sehr anerkennenswerter und lobenswürdiger Weise lieferten und mit der alten hier verbliebenen Glocke, die vom Glockengießer zum Einschmelzen gewünscht wurde. Letztere entging zum Glück dieser Auflösung, indem sie der hiesige Fabrikant Herr Emil Oehme Herrn Pietzel abkaufte, wieder in unsere Gemeinde zurückbringen ließund sie zunächst in einer seiner Fabriken aufbewahrte. Es war ja die sogenannte Sauglocke, deren Tradition bis in die Zeit des 30jährigen Krieges (1) zurückreicht, weil sie vorher dem damals zerstörten Kirchdorfe Berthelsdorf im Bornwalde gedient haben soll und später durch wilde Schweine aus Schutt und Erde herausgewühlt worden sein soll.

1923 Glockenweihe

Am 21. Januar 1923 konnte endlich das neue Bronzegeläut mit großer Freude und Dank für Gottes Güte und Hilfe und unter großer Beteiligung der Gemeinde feierlich eingeweiht werden. Es war durch Landwirte mit Geschirr von Radebeul hergefahren worden.

1924 Licht für die Kirche

Im Jhre 1924 (Herbst) wurde die elektrische Beleuchtung in unserer Kirche angebracht, und am Sonntag, 16 November 24, durch einen feierlichen Abendgottesdienst eingeweiht.

1926 Gasanschluss für das Pfarrhaus

in diesem Jahre wurde die Gasleitung auch in die Küche der Pfarrwohnung geführt.

1929 Neue Orgel

Die alte Kirchenorgel war sehr dürftig und hatte durch Zwangsablieferung im Weltkriege noch ihre metallnen Prospektpfeifen verloren. Darum wurde im Januar 1929 durch die Orgelbaufirma Schmeißer in Rochlitz an ihrer Stelle eine neu größere und reicher ausgestattete Orgel aufgestellt und am Erntedankfeste 29.9.29 feierlich eingeweiht mit Fest- und Dankgottesdienst und Kirchenkonzert nachmittags 5 Uhr.

1930 Brand einer Scheune

Am 21. Mai 1930 brannte die Scheune des dem Kirchenlehn (Gottesacker) benachbart wohnenden Bauers Heinrich Pfaff infolge Blitzschlag ab. Das Gotteshaus blieb aber ohne [?] Schaden durch Gottes Gnade verschont und bewahrt.

Als unser ehrwürdigster Herr Landesbischof D. Bindwig [?] im März 1930 in unserer Ephorie Flöha General-Kirchenvisitation hielt, kam er auch am 11. März in unsere Gemeinde und verkündigte ihr in einem Wochengottesdienste (dienstags) ½ 6 Uhr nachmittags Gottes Wort, nachdem er durch den Ortspfarrer in einer Ansprache über Psalm 46,2 begrüßt worden war.

1933 Keine Konzessionen an die Deutschen Christen

In der Zeit der Regierung Hitlers und der NSDAP ist die kirchliche Arbeit in der Kirchgemeinde Krumhermersdorf weder gestört oder gehemmt, noch erschüttert worden. Es brauchten auch vom Geistlichen keinerlei Konzessionen gemacht zu werden an die Bestrebungen der sogenannten "Deutschen Christen" (2). Es wären auch keine gemacht worden im Falle des Verlangens. Das teure Evangelium von unserem Herrn und Heiland Jesus Christus wurde nach dem Bekenntnis unserer ev.-luth. Kirche rein und unverkürzt verkündigt.

1935 Schulfest

Im Sommer 1935 konnte die obere Schule (früher Kirchschule), die 1885 erbaut worden war, ihr 50jähriges Bestehen feiern, damit wurde ein Schul- und Heimatfest verbunden. Vorher erhielt unser Gotteshaus außen einen neuen dauerhaften grauen Abputz und damit ein würdiges, sauberes Aussehen.

1936 - 1939 rein innerkirchliche Einträge

1941 Erneute Abgabe der Glocken

Gegen Ende des Kriegsjahres 1941 mußten die 2 größeren Glocken unseres Bronzegeläutes, das am 21.1.23 geweiht worden war, zum großen Schmerze der Gemeindeglieder für Kriegszwecke abgegeben werden, so daß zunächst nur die kleine Taufglocke auf dem Kirchturm verblieb. Ihr wurde später die zum Glück noch vorhandene alte "Sau"-Glocke, die im Eigentum des Erzgebirgsvereins in dessen Vereinslokale (Kimmers Gasthof) lagerte, zugesellt, so daß unsre Gemeinde nun ein 2-Glockengeläute haben konnte.

1944 rein innerkirchliche Einträge

1945 Bombenangriff

Die schrecklichsten Stunden des unglücklichen 2. Weltkriegs für unsere liebe Gemeinde waren die ersten Stunden des 15. Februar 1945, in denen ein furchtbarer feindlicher Bombenangriff ungeheure Zerstörungen über viele Gebäude (40 Gebäude, darunter 19 Scheunen, wurden zerstört), Wohnhäuser und Wirtschaftsgebäude in allen Teilen des Ortes und schreckliches Todesleid über viele Familien brachte. Teils gingen die Gebäude in Flammen auf, teils wurden sie zerschmettert oder so an Mauerwerk, Dächern und Fenstern beschädigt, daß sie unbewohnbar wurden. Personen kamen ums Leben, teils tödlich verschüttet, teils verbrannt oder zerschmettert.

Am 22. Februar 1945 mußte ich in herzzerreißender Trauerfeier 18 Opfer der Schreckensnacht beerdigen, 17 im Massengrab an der vorderen (östlichen) Quermauer des Gottesackers und eine Leiche im gewünschten Reihengrab (siehe Sterberegister), später noch einige an den erlittenen Schäden und Schrecken Verstorbene.

Die vielen ausgebombten Einwohner mußten in den bewohnbaren Gebäuden untergebracht werden. Durch Gottes große Barmherzigkeit waren Kirche und Pfarrhaus vor der Zerstörung bewahrt worden, doch waren die Kirchenfenster und ein Teil der Pfarrhausfenster zertrümmert worden. Trotzdem mußten die Gottesdienste in der fensterlosen Kirche gehalten werden, weil auch der Pfarrsaal durch Ausgebombte bewohnt wurde. In der Pfarrwohnung waren außerdem schon vorher Flüchtlinge aus Hamburg und Breslau einquartiert worden. Das kleine Fenster des Pfarrhauskellers war bereits vor den Luftangriffen gemäß ergangener Anweisung erweitert worden, so daß ein Notausgang aus dem kleinen, aber tief gelegenen und gewölbten Luftschutzkeller direkt ins Freie führte. Wie oft haben die Pfarrhausbewohner mit ihren Einquartierten und Nachbarn in den gefahrvollen Stunden des Fliegeralarms dort Zuflucht und Deckung gesucht! Gottes Gnade und Allmacht hat uns behütet und erhalten. Ihm sei Lob, Ehre, Preis und Dank dafür!

1945 Konfirmation

Palmsonntag [25.3.]. Die Konfirmation 1945 mußte gemäß Anordnung allgemein schon am Sonntag Judika [18.3.] gefeiert werden, da am Palmsonntag die Verpflichtung in der Hitlerjugend stattfinden sollte. Vor der Konfirmation konnten die Kirchenfenster provisorisch mit viel Holz geschlossen werden unter freundlicher, hilfsbereiter Mitwirkung der Strumpffirma F. H. Öhme.

1945 Kriegsende

Am 8. Mai 1945 zogen auch in unseren Ort die russischen Sieger ein, nahmen aber kein Quartier für Dauerbesetzung. Schwer lasteten die Nöte des verlorenen Krieges und der Nachkriegszeit weiterhin lange auf unserer Gemeinde wie auf unserem ganzen Volk, wirtschaftliche Nöte und seelische Nöte.

1954 Wasserleitung für das Pfarrhaus

Schon lange, lange hatten die Holzröhren der Pfarrwasserleitung immer wieder ihren Dienst versagt. Sie verfaulten sehr schnell infolge des feuchten Erdreiches. Endlich, endlich im Herbst 1954 konnten sie nach langem Warten durch Eisenrohre ersetzt werden. So läuft nun das gute starke Wasser aus dem Brunnen im Garten des Nachbars Schäfer in das Wasser- und Waschhaus des Pfarrlehens.

Auch der Pfarrsaal wurde im Herbst 1954 vorgerichtet und seine elektrische Beleuchtung verbessert.

1955 Vorrichten in der Kirche

Schon lange war die Neudeckung der süd(östlichen) Seite des Kirchendaches dringend notwendig geworden. Der hiesige Dachdecker Franke hatte sie auch schon begonnen, konnte sie aber infolge Schiefermangels nicht vollenden. Darum wurde Dachdeckermeister Beier-Zschopau beauftragt und konnte die Arbeit noch vor der Goldenen Konfirmationsfeier vollenden, die ich am Sonntag Mis. Dom. 24. April auf Wunsch der Jubilare hier hielt.

Weil im nächsten Jahre 1956 die Feier des 200jährigen Bestehens unseres lieben Gotteshauses bevorsteht, hat der Kirchenvorstand beschlossen, das Innere der Kirche vorher gründlich und schön vorrichten zu lassen und die elektrische Beleuchtung stattlicher erneuern zu lassen. Ferner wurde unter dem Druck der Verhältnisse noch beschlossen, elektrische Läute-Einrichtung für die 2 vorhandenen Bronzeglocken zu beschaffen.

1956: 200 Jahre Kirche

... Die beschlossenen Vorrichtungsarbeiten in unserer lieben Kirche für die würdige Feier ihres 200-jährigen Bestehens begannen nach dem 1. Trinitatis-Sonntage, so daß vom 2. Trinitatissonntage ab die Gottesdienste und anderen Amtshandlungen im Pfarrsaale gehalten werden mußten.

Der Kirchenvorstand hatte beschlossen, das große Kirchweihfest am 30. Sept. und 1. Okt. 1956 zu feiern. Darum wurden die Handwerkermeister angetrieben, die Vorrichtungsarbeiten bis Mitte September zu vollenden. Dem Malermeister Gerhard Bieber hier waren die Malerarbeiten übertragen worden, dem Baumeister Emil Schuffenhauer in Hohndorf die baulichen Arbeiten, dem Elektromeister Johannes Ulbricht in Zschopau die Neueinrichtung der Kirchenbeleuchtung und die Lieferung der elektrischen Läutemaschinen, die er von der Spezialfirma Plagens in Willsnack [?] bezog. Leider war die Beleuchtungseinrichtung am Kirchweihfeste noch nicht vollendet infolge von Umständen, die außerhalb von unserer Kirchgemeinde lagen.

Bereits am Sonnabend, d. 22. Sept., mußte die schön vorgerichtete Kirche in Gebrauch genommen werden, weil 2 Trauungen begehrt worden waren. Am Sonntag, 23. Sept. fanden die ersten Gottesdienste darin statt. Die Gottesdienste an den beiden Kirchweihfeiertagen 30.9. u. 1.10. wurden unter großer Anteilnahme der Gemeinde gefeiert. Sie waren zugleich Abschiedsgottesdienste des Ortspfarrers Johannes Müller, der wegen seines verschlimmerten Augenleidens und seines Alters (im 70. Lebensjahre stehend) seine Pensionierung beantragt hatte und am 1. Oktober 56 in den Ruhestand ging. Am 1. Feiertage, 30.9. hielt der Kirchenvorstand feierlichen Kirchgang zum Altarplatze, und der stellvertretende Vorsitzende des Kirchenvorstandes Gerhard Uhlig, zur Zeit Bürgermeister in Hilmersdorf sprach nach dem Gottesdienste dankende Abschiedsworte dem scheidenden Seelsorger. An beiden Festtagen predigte ich zunächst über Kirchweihfest-Texte, Psalm 84,2-3 und Psalm 26,8 und knüpfte dann meine Abschiedsworte an die beiden Bibelverse Apostelgesch. 20,32 und Matth. 17,8. Am 1. Festtage fand nachmittags eine festliche Kirchenmusik mit vielen Darbietungen unserer kirchenmusikalischen Chöre unter Leitung unseres Kantors Otto Weißbach zum Besten unserer Kirche statt. Ich gab einen Bericht über die Kirchengeschichte von Krumhermersdorf.

Zur Bezahlung der Vorrichtungsarbeiten in unserer Kirche war die Kirchgemeinde eine Opfergabensammlung genehmigt worden. Die Spenden durften aber nicht in den Häusern gesammelt werden, sondern mußten im Pfarramt gegen Quittung abgegeben oder auf das errichtete Jubiläumskonto der Kirche bei der hiesigen Girokasse eingezahlt werden. Demnach brachten viele opferwillige Gemeindeglieder ihre großen, mittleren und kleinen Gaben, die alle mit großem Dank angenommen wurden. Bis zum 30. Oktober 1956 waren 6.601,92 M gespendet worden. Außerdem war ein Darlehen von 2000 M zunächst zinslos zur Verfügung gestellt worden. Abgesehen davon hatte der Christliche Frauendienst sich noch besonders beteiligt und gespendet, indem er die neuen grünen Bekleidungen der heiligen Stätten beschaffte und stiftete, weil die alten in der Farbe schon lange verblaßt waren. Die Kosten betrugen ohne manche Nebenspesen 389 DM

Da Gottes große Güte mir eine Ruhestandswohnung in Frankenstein bei Öderan ermöglicht hat, darf ich im März 1957 dorthin übersiedeln und verlasse meine liebe Kirchgemeinde mit den herzlichsten Segenswünschen. Sei sie allezeit dem Schutz, Frieden und der Gnade des Herrn befohlen.


Anmerkungen

  1. Tatsächlich noch länger: Wahrscheinlich ist sie um 1400 angeschafft, neu zur neuen Kirche damals im Ort.
  2. Eine ausgesprochen staatstreue Gemeinschaft evangelischer Kirchenvertreter. Ihr entgegen stand die "bekennende Kirche", die Hitlers Politik zunächst kritisch sah und später ablehnte.

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