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Kirchenbücher
Geschichte und Bedeutung

EDV-Aufbereitung    Bemerkenswerte Einträge

Der Kurfürst von Sachsen erließ 1548, neun Jahre nach der allgemeinen Einführung der Reformation, den Befehl, Kirchenbücher anzulegen. Also alle Geburten und Taufen, alle Trauungen und alle Begräbnisse in ein Buch einzuschreiben. Spätestens seitdem war es für jeden sächsischen Pfarrer Pflicht, solch ein Buch zu führen. (z.B. werden seit etwa dieser Zeit in Waldkirchen Kirchenbücher geführt.)

Ursprüngliche Aufgabe dieses Buches - später wurden es mehrere - war es, jeden Bewohner des Landes zu erfassen. Darüber hinaus erfaßten aber auch viele Pfarrer bemerkenswerte Ereignisse ihrer Zeit: Wetterverhältnisse, Krieg, Katastrophen, aber auch bedeutende Schenkungen an die Kirche. Auch das Krumhermersdorfer Kirchenbuch hatte einige Seiten "denkwürdige Sachen...", von denen noch z.T. Abschriften existieren.

Die Bedeutung der Personenregister erschöpft sich nicht in Ahnenforschung und der Konstruktion von Stammbäumen. Eine systematische Auswertung kann eine Anzahl wertvoller Daten zur Ortsgeschichte liefern: Einwohnerzahlen, Berufe, Sterbeursachen, allgemeine Gesundheit aus dem Durchschnittsalter, Namensmoden ...


Aufbau

Das Kirchenbuch beginnt 1613 und dürfte bis gegen 1900 alle Einwohner des Ortes erfaßt haben. Es verzeichnet:
Geburten / Taufen geordnet nach Taufdatum. Die Taufe erfolgte in vergangenen Jahrhunderten fast immer 1...3 Tage nach der Geburt. Eltern und Paten, später auch z.T. Großeltern werden angegeben.
Hochzeiten (Copulationen) Es fehlen die Jahre 1620-29.
"Trauung mit Sermon" bedeutete ehrenvolle, öffentliche Hochzeit;
"In der Stille getraut" deutete auf 2. Ehe oder eine schwangere Braut .
Zeitweise durften solche Paare keine Feier ausrichten.
Genannt werden die Väter, später die Eltern, Großeltern und Trauzeugen.
Abendmahlsgäste
(Communicanten)
werden nur im ersten Band angeführt.
Gestorbene mit Angabe des Alters, z.T. der vermuteten Todesursache und später der nächsten Angehörigen.
Bemerkungen / Nachrichten befinden sich nur im 1. Band
Namens-Register am Schluß einiger Bücher oder als Extra-Bücher zum schnellen Finden von Namen.


Gliederung

1. Band Getaufte 1613 - 1768
Getraute 1613 - 1795
Gestorbene 1613 - 1795
 
2. Band Getaufte
Getaufte
1769 - 1799
1818 - 1825
 
3. Band Getaufte
Getraute
Gestorbene
1800 - 1818
1796 - 1837
1796 - 1830
 
4. Band Getaufte 1836 - 1847  
5. Band Gestorbene 1830 - 1861  
6. Band Getraute 1838 - 1875  
7. Band Getaufte 1848 - 1863  
8. Band Getaufte 1864 - 1889 (2-teilig)
9. Band Gestorbene 1862 - 1892  
10. Band Getraute 1876 - 1904  
11. Band Getaufte 1890 - 1923  
12. Band Gestorbene 1893 - 1915  
13. Band Getraute 1905 - 1974  
14. Band Gestorbene 1916 - heute  
15. Band Getaufte 1924 - heute  
 

Der erste Band wurde 1727 aus Einzelstücken zusammengesetzt. Er gliedert sich der Reihe nach wie folgt:
A 2 Bl. o. Nummer (Titel, Pfarrer)    
B 4 - 235 Getaufte 1616 - 1753  
C 236 - 259 Getaufte 1753 - 1761  
D 280 - 317 *) Getaufte 1761 - 1769 *) Zählirrtum! Richtig gehört hier die 260 hin.
E 255 - 288 Getraute *) 1613 - 1734 *) Darin fehlen die Hochzeiten 1620 bis 29, jedoch fehlt keine Blatt-Nummer
F 24 Blatt *) Getraute 1734 - 1773 *) Nummern nicht lesbar
G 289 - 309 Getraute 1773 - 1795  
I 448 - 450 Gestorbene 1727 - 1729 *) *) Irrtümlich aus Abschnitt N hierher gebunden.
J 504 - 507 Chronik 1671, 1750  
K 2 Blatt Chronik 1613, 1675  
L 3.. (2 Bl.) *) Chronik 1614 *) nicht lesbare Blatt-Nummer. Zusammengeklebte Blätter.
M 310 - 386
387 - 398
Abendmahl
leer
1613-1790  
N 399 - 447
451 - 474
Gestorbene
Gestorbene
1613 - 1727
1730 - 1761
 
O 236»
ohne Nr.
237 - 254
Gestorbene
Gestorbene
Gestorbene
1761
1762
1763 - 1781
 
P 491 - 495
fehlt Bl. 496
Gestorbene
Gestorbene
1781 - 1789
Jan - Juli 1789
 
Q 8 Blatt Gestorbene 1789 - 1795  
R 497 - 503 verlorene Chronik    


Nulltes Kirchenbuch ?

Die Existenz eines "nullten" Kirchenbuches vor 1613 wird durch folgende Fakten nahegelegt:
B 4 - 235 Geburten ab 1613
O 236 - 254    
E 255 - 288 Trauungen ab 1613
G 289 - 309    
M 310 - 398 Abendmahl ab 1613
N 399 - 447 Gestorbene  
  16 leere Seiten, die nicht mehr existieren    
P 491 - 496    
R 497 - 503 Chronik 1613 - 55
J 504 - 507 Chronik 1671
K 508 - 509 Chronik 1613, 1675
L 510 - 511 Chronik 1614
Dieses Buch war aus Lagen zu je 8 Blatt gebunden. Vielleicht gehörte der Abschnitt Q mit hinein (16 leere Seiten). Übrig bleiben bei dieser Konstruktion folgende Abschnitte: Da diese Abschnitte schon numeriert, aber unbeschrieben waren, als sie 1727 in den 1. Band mit eingebunden wurden, müssen sie aus einem ähnlichen, leeren Einschreibebuch stammen. Wo bleiben die Seiten 1 bis 235 dieses Buches? Vielleicht waren es eben jene Einträge von 1548 bis 1613? (3). Durchsuchungen des Pfarrarchivs förderten jedoch nichts zu Tage. Auch eine Anfrage beim Staatsarchiv Dresden war erfolglos.


Die Chronik

Die (ältere) Chronik bildete wahrscheinlich den Schluß des Kirchenbuchs, das Pfarrer Gensel 1613 als ein "neu Buch zur Kirchen" anlegte. Bei der Erneuerung dieses Buchs über 100 Jahre danach (1727) wurde sie geteilt. Kirchlich-dienstliche Dinge (Inventar, Visitationen) kamen in die Mitte als Abschnitte J bis L, historische Nachrichten bildeten auch im neuen Buch den Schluß (4) als Abschnitt R.

Noch die Broschüre Schulfest 1935 erwähnt diese "Chronik" als Sammlung historischer Nachrichten. Doch dieser Abschnitt R fehlt heute im 1. Band der Kirchenbücher; er wurde sorgfältig - fast möchte man sagen "fachgerecht" - entfernt. Als wir, die Autoren, erstmals 1980 diese Chronik im Original ansehen wollten, fehlten die betreffenden Blätter bereits. Nachfragen bei Pfarrer Fischer (1958-79), der sehr geschichts-interessiert war (und zu gegebenen Anlässen aus dieser Chronik vorgelesen haben soll), führten nach widersprüchlichen Angaben (5) zu der Aussage, dieser Abschnitt R sei bereits zu seinem Amtsantritt nicht mehr vorhanden gewesen.

Auszüge aus dieser verlorenen Chronik finden sich in Sachsens Kirchengalerie um 1840, Döhlers Kirchchroniken 1888 bis 1890 und in der Neuen sächsische Kirchengalerie 1904. Verloren sein dürften die Nachrichten von 1630 bis 1632 und nach 1654.


  1. Kirchrechnung 1613, Ausgaben
  2. In diesem Buch wurden noch nicht die Seiten, sondern die Blätter numeriert, so daß es zu jeder Zahl ein A (Vorderseite) und B (Rückseite) gibt.
  3. Wir wollen nichts unterstellen! Vielleicht stammen die leeren Seiten aus einem antiquarisch gekauften Buch ... aber das ist wenig wahrscheinlich. Es entspricht wohl ein bißchen der damaligen Mentalität, sich von diesem uralten Plunder zu trennen und nur die noch brauchbaren Seiten (=leere Seiten!) weiter zu verwenden. Übrigens verfuhr man in den 50er und 60er Jahren unseres Jahrhunderts ganz ähnlich mit Kulturgütern vom Anfang unseres Jahrhunderts ...
  4. Döhler 1889: "Unser ältestes Kirchenbuch reicht zurück bis zum Jahre 1613. Am Ende dieses Buches ... sind, mit dem Jahre 1613 beginnend, Denkwürdigkeiten aus jener Zeit von der Hand der betreffenden Pfarrer niedergeschrieben."
  5. Auf die erste Anfrage nach "der Chronik" verwies er uns auf das Chronik-Buch ab 1817, das bis gegen 1982 noch bei ihm in Lunzenau lag. Auf erneute Anfrage nach der Chronik des 17. Jahrhunderts erklärte er 1982, von weiteren Chroniken nichts zu wissen ...